Kopfhörer EDITION 12

Test ULTRASONE EDITION 12

Also eigentlich ist dieser Hörbericht längst überfällig. Vielleicht für manch Einen ja auch überflüssig. In jedem Fall unterhaltsam. Auch ich habe lange überlegt, ob es denn Sinn macht, einen KH, welcher ja bereits seit einiger Zeit auf dem Markt erhältlich ist (2013), nun wirklich noch ausführlicher auf den Zahn zu fühlen.

Nun, auf der einen Seite habe ich aber ob des derzeit bescheidenen Sommerwetters heute etwas mehr Zeit zu Schreiben, auf der anderen Seite habe ich auch noch keinen anderen ausführlichen Test zum ULTRASONE EDITION 12 entdeckt. Vielleicht ist dies aber auch der Tatsache geschuldet, dass dieser Hersteller bei manch einem Audiophilen leider keinen allzu guten Ruf genießt. Dabei sind sich bei der Verarbeitung die meisten noch einig, denn selbige ist zweifellos hervorragend und über jeden Zweifel erhaben. Bezüglich der klanglichen Beurteilung scheiden sich dann aber oft die Geister.

Und die hauseigene Abstimmung der KH wird gerade bei den diversen EDITION Modellen tatsächlich oft auf die Spitze getrieben. Ein gutes Beispiel, welches diesen Eindruck untermauert, ist dabei der EDITION 8.

Zwar fein ziselierte, aber zu spitze Höhen in Kombination mit einem meines Erachtens überzogenen Bassbereich ergeben eine typische Badewannencharakteristik. Stimmen und Instrumente wirken dadurch bedingt leicht ausgedünnt und lassen so an Substanz vermissen. Ein SIGNATURE PRO klingt im direkten Vergleich jedenfalls wesentlich neutraler.

Der einzige ULTRASONE Kopfhörer, welcher mich bislang überzeugen konnte, ist der EDITION 5 (limited). Die einzigartige Ortungsschärfe und Separation von klanglichen Ereignissen, gepaart mit einer für Kopfhörer einmaligen und realistischen räumlichen Wiedergabe, sind für mich nach wie vor absolut einzigartig.

Jedenfalls schaffte es bislang kein anderer von mir gehörter Vertreter der Zunft, auch kein offenes Exemplar, Stimmen von einzelnen Protagonisten wirklich VOR den Kopf und insbesondere im richtigen Größenverhältnis, bezogen auf den restlichen musikalischen Kontext, räumlich glaubhaft darzustellen. Die geschlossene Bauweise macht zudem durch eine gute Isolierung vor störenden Außengeräuschen auch hohe Abhörlautstärken obsolet. Ist ja sowieso gesünder.

Die finalen Spitzen im Hochtonbereich verschwinden übrigens nach einer Einspielzeit von mindestens 500 (!) Stunden erstaunlicherweise ebenso wie der leichte Buckel im Oberbass. Die titanbeschichteten Treiber benötigen scheinbar dieses schier unglaublich lange Einlaufen, um ihre anfängliche Rauhigkeit gänzlich abzulegen.

Aber selbst dann ist auch dieser Hörer noch eindeutig als ein Produkt der Marke ULTRASONE zu identifizieren. Was für mich aber grundsätzlich kein Problem darstellt. Denn ich bin grundsätzlich nicht auf bestimmte Klangsignaturen oder Marken fixiert, sondern stets auf der Suche nach besonderen klanglichen Eigenschaften (oder auch Eigenarten) der einzelnen Kopfhörermodelle.

Und versuche somit für mich ein möglichst umfangreiches „Klangportfolio“ abzudecken. Dadurch ergeben sich überraschend viele Möglichkeiten, seine Lieblingsmusik immer wieder neu zu erleben. Es ist jedenfalls schon sehr erstaunlich, wie völlig unterschiedlich beispielsweise ein und dieselben Musikstücke über die verschiedenen Kopflautsprecher nebst frei wählbaren Verstärkerpartnern wiedergegeben werden. Macht eben einfach Spaß.

Und genau diese Neugier hat mich dazu bewogen, den ULTRASONE EDITION 12 dann doch (noch) zu testen. Denn ich habe diesen KH tatsächlich bis heute noch nicht ein einziges Mal gehört. Und das möchte ich jetzt nachholen und euch im Anschluss meine Eindrücke dazu schildern:

Verarbeitung & Tragekomfort

Der EDITION 12 ist, ULTRASONE typisch, natürlich hervorragend verarbeitet. In die chrombeschichteten Ohrkapseln sind Aluminiumintarsien eingesetzt, der verbindende Kopfbügel aus gebürstetem Aluminium ist mit feinstem Leder bezogen. Der zugehörige Verstellmechanismus für die entsprechende Größenanpassung besitzt eine feine Rasterung und ist nahezu perfekt ausgeführt. Die ohrumschließenden Polster bestehen aus einem hautfreundlichen und schweißabsorbierenden schwarzen Mikrovelours. Das Design des Kopfhörers ist ob der Ausführung der Ohrkapseln zugegebenermaßen aber etwas eigenwillig und gefällt sicherlich nicht jedem.

Der ULTRASONE ist mit ca. 280 g zudem sehr leicht und sitzt fest, aber mit optimalem Anpressdruck auf dem Kopf. Meine Ohren berühren auch an keiner Stelle das „Innenleben“ des Over-Ear Hörers. Der EDITION 12 wird von mir jedenfalls nach einer Weile gar nicht mehr wahrgenommen, was eine sehr hohe Langzeittauglichkeit für ausgiebige nächtliche Hörsessions verspricht.

Die beidseitige Kabelzuführung ist prinzipiell solide gemacht, aber leider fest in die Hörmuscheln eingelassen und somit nicht einfach austauschbar. Dies ist sicherlich ein Minuspunkt. Das mit einem vergoldeten 6.3 mm Klinkenstecker versehene und mit Aramidfasern verstärkte OFC-Kabel ist aber mit 3 m zumindest ausreichend lang bemessen. Laut Aussage des Herstellers ist der Kopfhörer außerdem für den Balanced-Betrieb vorbereitet.

Vorbereitung

Die erste Kontaktaufnahme fiel ob einer vergleichsweise eher „angeschärften“ Wiedergabe leicht durchwachsen aus. Um aber nun sich mir aufdrängenden Vorurteilen konsequent entgegen zu wirken, entschloss ich mich zunächst dazu, den KH erst einmal mindestens 100 Stunden einzuspielen. Was grundsätzlich immer eine gute Idee ist.

In jedem Fall war dieser Einspielvorgang sehr gut geeignet, die zu Beginn des Lebenszyklus garstigen Höhen etwas zu zähmen. Denn der EDITION 12 ist naturgemäß eher hell abgestimmt und somit auch etwas wählerischer bei seinem Musik zuführenden Spielpartner.

Durch seine niedrige Impedanz von 40 Ohm stellt er allerdings keine allzu hohen Ansprüche an den antreibenden Verstärker. Somit rückten also auch eher leistungsschwache Röhrenverstärker in das Zentrum meines Interesses. Ich wählte also neben meinem QUESTYLE CMA800R, welchen ich oft und gerne zu Vergleichszwecken mit meinen anderen Hörern heranziehe, auch den FOSGATE SIGNATURE als klassischen Vertreter der Röhrenfraktion für diesen kleinen Test aus.

Meßschriebgläubige sollten sich im Übrigen den Frequenzgang des KH besser erst gar nicht anschauen. Der etwas eigenwillige Verlauf ist nach Aussage von ULTRASONE aber der dezentralen Anordnung der Schallwandler im unteren Teil der Ohrkapseln geschuldet. Die von der kleinen bayrischen Manufaktur S-Logic Plus getaufte und patentierte Konstruktion ist ziemlich einzigartig und verleiht dadurch allen Kopfhörern der Marke eine herausragende Räumlichkeit.

Als Zuspieler diente mir wie so oft mein mit AUDIRVANA Software optimierter iMAC. Gewandelt wurden die Daten mittels meines über NORDOST verkabelten MERIDIAN DIRECT DAC. Als Musikbeispiele dienten mir wieder einmal die üblichen und bestens bekannten Verdächtigen aus Klassik, Jazz, Pop und Rock.

Klangtest

Der EDITION 12 ist dem dynamischen Arbeitsprinzip verpflichtet. Seine 40 mm messenden Mylar-Treiber sind mit Gold beschichtet, offensichtlich um Partialschwingungen zu vermeiden. Dies wird mit Sicherheit auch der Grund sein, warum nahezu alle Hörer der Marke im Hochpreissegment eine entsprechende Beschichtung aufweisen, um die Konusmembranen bestmöglich zu versteifen. Dies wiederum zeichnet auch für die typische ULTRASONE Klangsignatur verantwortlich, welche durchaus polarisieren kann und somit nicht unbedingt jedermanns Sache ist.

Denn durch die weitgehende Vermeidung von Partialschwingungen der Membranen verfärben die Kopfhörer extrem wenig, was in Folge eine einzigartige Natürlichkeit und Transparenz ermöglicht. Nicht umsonst wird beispielsweise der SIGNATURE PRO der Marke aus diesem Grunde von Studioprofis sehr geschätzt.

Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass vor allem schlecht produzierte musikalische Kost über die ULTRASONE Kopfhörer wesentlich schwerer verdaulich ist. Und von diesem aufnahmetechnischem Fastfood gibt es ja leider mehr als genug zu beklagen.

Der EDITION 12 macht da keine Ausnahme und dient geradezu als Paradebeispiel, um die obigen Thesen zu untermauern. Als Vertreter der offenen Bauweise ist ihm ein dementsprechendes Klangbild praktisch in die Wiege gelegt. Aber diese enorme Leichtigkeit, Musik zu vermitteln, überraschte mich dann im Hörtest schließlich doch.

Denn in die erste Runde begab sich der ULTRASONE Hörer gemeinsam mit dem QUESTYLE Solid State Verstärker. Und selbst an dem eher nüchtern agierenden CMA800R beeindruckte der EDITION 12 direkt mit seiner weitläufigen, aber gleichzeitig sehr gut gestaffelten Wiedergabe. Weil auch ausklingende Hallfahnen äußerst glaubhaft dargestellt wurden, ergaben sich realistisch definierte Räume.

Dazu gesellte sich eine superbe Feindynamik. Auch allerkleinste Nuancen in den musikalischen Abläufen wurden akribisch herausgearbeitet. So wurden Details wie selbstverständlich hörbar, auf die ich mich beispielsweise beim großen SENNHEISER HD800S stärker konzentrieren musste, um sie bewusst wahrzunehmen.

Dafür konterte der SENNHEISER mit mehr Ruhe und Selbstverständlichkeit im gesamten musikalischen Gefüge. Stimmen und Instrumente, welche über den HD800S immer natürlich und „rund“ wirkten, erhielten über den EDITION 12 eine Extraportion Glanz, der dadurch bedingt für eine gewisse Luftigkeit verantwortlich zeichnete. Und die Reproduktion der Musik so zeitweilig sogar an eine elektrostatische Gangart erinnerte.

Wie eingangs erwähnt allerdings nur bei Versorgung mit adäquat aufgenommenem Musikmaterial. Stark datenreduzierte Stücke wurden teilweise mit gnadenloser Brutalität zu Gehör gebracht und waren bei höheren Lautstärkepegeln in einigen Fällen durch leicht auffällige Spitzen im Präsenzbereich gekennzeichnet.

Gut, nun bin ich ja bekanntermaßen auch ein bekennender Leisehörer und out’e mich jetzt gerade wahrscheinlich als Weichei. Sei es drum. Wer seine Musikdateien vorwiegend in komprimierter Form gespeichert hat, sollte den ULTRASONE auf jeden Fall vor einem potentiellen Kauf probehören, um festzustellen, ob diese besondere Abstimmung bei der jeweilig bevorzugten Musik für ihn „passt“.

Der Bassbereich des EDITION 12 ist wiederum sehr konturiert mit einer ausgewogenen Gewichtung von Tief-, Mittel- und Oberbass. Der einige Zeilen zuvor beschriebene Buckel im oberen Bassbereich ist beim EDITION 12 nicht vorhanden. Der Bass ist zudem sehr schnell, trocken federnd und impulsgenau ohne feststellbare Überlagerung in den Grund- und Mitteltonbereich.

Der wiederum zum Vergleich herangezogene SENNHEISER HD800S leuchtet die untersten Bassgefilde noch etwas genauer aus, wirkt aber auch insgesamt leicht fülliger. Ist natürlich Geschmackssache.

Der Grundton des ULTRASONE ist eher schlank gehalten, aber dadurch bedingt auch sehr gut durchhörbar. Stimmen und Instrumente werden zwar durchaus plastisch abgebildet, je nach gewählter Musikrichtung vermisste ich von Zeit zu Zeit aber etwas Wärme. Ist halt kein AUDEZE Hörer. Eher schon das genaue Gegenteil.

Der Kopfhörer neigt im Mitteltonbereich somit ein wenig zur Analytik, ist im Gegenzug aber an Nuancenreichtum kaum zu übertreffen. Besonders live aufgenommene Musikstücke wirken zudem erstaunlich echt. Einen großen Anteil an der überragenden Darstellung auch feinster Strukturen tragen selbstverständlich die prägnanten, teils aber eben auch kritischen Höhen.

Um nun diese obersten Frequenzen für empfindsame Gemüter gekonnt zu „entschärfen“, bedarf es eines einfachen Tricks. Man kombiniere den EDITION 12 schlicht und ergreifend mit einem Röhrenverstärker.

Denn in Verbindung mit meinem FOSGATE SIGNATURE ist der Kopfhörer im Hochtonbereich im Anschluss fast nicht wiederzuerkennen. Obwohl sich die Bühne nun noch ausladender in Breite und Tiefe öffnet, legt der EDITION 12 seine Aggressivität in diesen Frequenzgefilden ab, verbunden mit einer fast schon gespenstischen Zunahme an Räumlichkeit. Ein weiterer positiver Aspekt ist der leicht wärmere Grundton. So muss das sein.

Dies zeigt ein weiteres Mal eindrucksvoll, wie wichtig das perfekte Zusammenspiel zwischen KH und Verstärker für das optimale persönliche Ergebnis sein kann. Wer also eine kleine (oder auch große) Röhre sein Eigen nennt, sollte sich diesen KH auf jeden Fall einmal zu Gemüte führen. Es lohnt sich. Ach ja. Die UVPE des EDITION 12 liegt bei 1399,- Euronen, der Straßenpreis liegt aber je nach Anbieter inzwischen noch ein wenig darunter.

Mein Fazit

Wie bereits eingangs beschrieben zähle ich zu den KH-Liebhabern, welche sich ein möglichst großes Spektrum bezüglich der Reproduktion von Musik eröffnen möchten. Denn der perfekte Kopfhörer existiert für mich nach wie vor nicht.

Die Kopfhörer der Marke ULTRASONE besitzen natürlich ein gewisses House-Sounding. Dies trifft aber für fast für alle Marken in diesem Segment zu. Denn egal ob GRADO, AUDEZE, BEYERDYNAMIK und CO. Die meisten Protagonisten sind meist auf Anhieb an ihrer spezifischen Klangsignatur zu identifizieren. Für meinen Geschmack halt markenspezifische Alleinstellungsmerkmale.

Aus diesem Grunde mag ich auch die ULTRASONE Kopflautsprecher. Natürlich je nach Ausführung mehr oder weniger. Und der ULTRASONE EDITION 12 gehört nach diesem Test mit Sicherheit in die erste Kategorie. Hörprobe empfehlenswert.

Euer Fidelio

Meine Wertung

Klangqualität (60%) : 3 von 5 Ohren
Tragekomfort (20%) : 4 von 5 Ohren
Verarbeitung (20%) : 5 von 5 Ohren

(*) Die Testberichte auf Musicalhead geben ausschließlich meine persönliche Meinung zum Produkt wieder. Es handelt sich hierbei um redaktionelle Beiträge, welche aber durchaus eine werbende Wirkung beim Leser erzielen könnten, ohne dass ich von einem Unternehmen damit beauftragt wurde.


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