VT HE1000 V2 vs LCD4

Vergleichstest AUDEZE LCD4 vs. HIFIMAN HE1000 V2

Auf diesen Kampf der Magnetostaten war auch ich bereits schon im Vorfeld sehr gespannt. Zumal es sich bei dem AUDEZE LCD4 und dem HIFIMAN HE1000 V2 um die derzeitigen Spitzenmodelle beider Hersteller handelt. Der neue EDITION 6 ist jedenfalls meines Wissens noch nicht verfügbar.

Und ich habe es mir dieses Mal wirklich nicht leicht gemacht. Vor dem Verfassen dieser Rezension habe ich die beiden Testprobanden an vielen Abenden für mehrere Stunden gegeneinander gehört. Als Spielpartner habe ich meinen BURSON CONDUCTOR VIRTUOSO V2 gewählt, da dieser als einer der wenigen verfügbaren Verstärker dem Leistungshunger der beiden Magnetostaten auch gerecht werden kann.

Als Signalquelle diente mein AURALIC ARIES MINI selbstverständlich nebst dem entsprechenden AURALIC ULTRA LOW NOISE Netzteil, welcher dank seiner internen Festplatte auf meine mit verschiedenstem musikalischen Material versehenen HIGH-RES-Dateien (FLAC, AIFF und DSD) direkt zugreifen kann. Die USB-Verbindung zur DA-Wandlersektion des CONDUCTOR VITUOSO V2 wurde über ein AUDIOQUEST CINNAMON Digitalkabel hergestellt, aber auch die optische und koaxiale Möglichkeit der Übertragung habe ich natürlich getestet.

Um im Übrigen das spätere Testergebnis klanglich besser einordnen zu können, habe ich einen zusätzlichen Quervergleich zu einem mit den klangförderlichen und optionalen Alcantara-Polstern ausgestatteten AUDEZE LCD-X angestellt. Außerdem lassen sich meine Aussagen bezüglich der beiden Top-Kopfhörer dann vielleicht auch für jeden Einzelnen persönlich einfacher nachvollziehen.

Wenn ich mich nämlich über mehrere Tage nur noch mit der aktuellen Weltelite der Flächenstrahlerfraktion befasse, besteht leider immer die Gefahr, etwas an klanglicher „Bodenhaftung“ zu verlieren. Dies wurde mir wieder einmal bewusst, als ich zwischenzeitlich meinen P5 Bluetooth-Hörer zum allwöchentlichen Fitness-Training aufgezogen habe. Sorry B&W.

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei Carsten Hicking vom deutschen AUDEZE-Vertrieb bedanken, ohne den dieser Vergleichstest nicht möglich gewesen wäre. Danke Carsten!

Glücklicherweise sind die technischen Daten der beiden Spitzenhörer von AUDEZE und HIFIMAN inzwischen hinlänglich bekannt. Und falls nicht, möchte ich an dieser Stelle freundlich darum bitten, diesbezügliche Wissenslücken mittels entsprechender Ergebnisse bei den allwissenden Suchmaschinen aufzufüllen. Dies gilt ebenso für potentielles Hintergrundmaterial, die beiden amerikanischen respektive chinesischen Manufakturen betreffend, ihrem chronologischer Werdegang, die Beweggründe für die Konstruktion meiner aktuellen Testprobanden, deren technischen Spezifikationen, etc. pp.

Denn damit dieser Vergleichstest in seinem Umfang nicht allzu sehr ausufert, erspare mir und euch heute einmal die übliche technische Einleitung und komme lieber direkt zu den für mich maßgeblichen Punkten bei Kopfhörern, insbesondere in dieser Preisklasse, nämlich: Verarbeitung, Tragekomfort und Klang.

Verarbeitung

Beide Kopfhörer werden verständlicherweise in relativ kleinen Stückzahlen und ausschließlich in Handarbeit hergestellt. Dennoch (oder vielleicht auch gerade deshalb?) ist die Verarbeitungsqualität sehr gut. Dies gilt sowohl für die verwendeten, hochwertigen Materialien als auch für die Güte der Fertigung. HIFIMAN hat bei seinem aktuellen Spitzenhörer sichtlich nachgebessert und überzieht beispielsweise die seitlich umlaufenden Holzfurniere neuerdings mit einer schützenden Klarlackschicht. Diese sind im Übrigen auch passgenauer ausgeführt und paarweise geeigneter selektiert.

Einzig die nach wie vor auswechselbaren und nach Angabe von HIFIMAN klanglich verbesserten Kabelverbindungen entsprechen meines Erachtens immer noch nicht dem Qualitätsanspruch an einen KH mit diesem ambitionierten Preisschild. Dies ist völlig unverständlich, da beispielsweise mein inzwischen dauerhaft verwendetes CARDAS CLEAR Kabel die klanglichen Eigenschaften meines HE1000 V2 deutlich hörbar steigert. So muss gegebenenfalls zum Preis des KH leider immer noch ein entsprechendes Kabel mit einkalkuliert werden.

AUDEZE zeigt diesbezüglich ein sicheres Händchen und stattet seinen LCD4 mit einer hochwertigen und handkonfektionierten Verbindung des amerikanischen Kabelpapstes Lee Weiland aus. Bedauerlicherweise in einem „leuchtenden“ Blau. Nun ja, natürlich ist auch dies, wie so oft, reine Geschmacksache. Dessen ungeachtet relativiert dieses Kabelupgrade im Vergleich zu dem sonst üblichen Standardkabel der LCD-Serie den Aufpreis zum HE1000 V2 ein wenig.

Tragekomfort

Beide Kopfhörer sind aufgrund ihrer technischen Bauart relativ schwer, was in erster Linie ihren aufwendigen magnetischen Antrieben geschuldet ist. Gleichwohl kann der HIFIMAN in dieser Kategorie die ersten Pluspunkte sammeln. Immerhin steht dem Lebendgewicht des LCD4 von knapp 700 Gramm (!) eine gewichtsmäßige Belastung in Form des HE1000 V2 von „nur“ 420 Gramm gegenüber. Und ein Gewichtsunterschied von annährend 300 Gramm kann bei einer längeren Hörsession über mehrere Stunden sehr wohl den Ausschlag bezüglich einer möglichen Kaufentscheidung geben. Jedenfalls bei meiner Wenigkeit.

Allerdings muss man dem großen AUDEZE zugute halten, dass das nun verwendete Carbon-bewehrte Kopfband den Druck sehr gleichmäßig auf dem Kopf verteilt und sich die Langzeittauglichkeit damit signifikant erhöht. Dies gilt aber natürlich in gleichem Maße für das perforierte Lederband des HIFIMAN.

Die Aussparungen für die Ohren sind in beiden Fällen zudem sehr großzügig gewählt. Sowohl beim LCD4 als auch beim HE1000 V2 erhalten meine mittelgroßen Lauscher zu keiner Zeit ungebührlichen Kontakt zu den Treibermembranen. Dennoch würde ich der vollständigen Lederpolsterung des AUDEZE ein insgesamt angenehmeres Tragegefühl attestieren, zumal der HE1000 V2 durch ein ganz leichtes Kratzen auf der Haut aufgrund der meines Erachtens eher ungeeigneten Polyester-Kontaktflächen auffällt. Warum HIFIMAN nicht auch hier perforiertes Leder verwendet hat, ist mir jedenfalls ein Rätsel.

Wie es einfach (noch) besser geht, beweist schließlich der AUDEZE LCD-X. Denn das Hautgefühl in Bezug auf die hier optional verwendeten Alcantara-Polster ist schlicht und ergreifend perfekt.

Klangtest

Die finale Frage, welcher der beiden Top-Magnetostaten denn nun tatsächlich der Beste der Welt ist, lässt sich nicht ganz so einfach beantworten.

Denn fernab aller objektiven Testkriterien wie Bassdruck, Mittteltonpräsenz oder Hochtonauflösung spielen zum einen die eigenen Hörpräferenzen eine entscheidende Rolle, zum anderen ist aber auch eine langjährige Hörerfahrung von Vorteil, um die ganz individuellen Vorzüge der Kopfhörer, speziell jene des LCD4, zu erfassen bzw. zu erhören und erst im Anschluss eine persönliche Einstufung vorzunehmen.

Was die ganze Sache für mich nicht unbedingt leichter macht. Denn wer diese beiden Kopfhörer nur für einige Minuten, zum Beispiel im Ladenlokal oder auf einer HIFI-Messe, vergleicht, für den ist der HIFIMAN HE1000 V2 bereits nach kürzester Zeit der klare Favorit.

Er nimmt seinen Zuhörer augenblicklich mit einem staubtrockenen, konturierten und tief reichenden Bass für sich ein, beeindruckt mit einer unglaublichen Offenheit in den mittleren Frequenzen und glänzt in der neuen V2 Ausbaustufe mit einem phänomenalen Auflösungsvermögen im Hochtonbereich. Die Wiedergabe ist zudem sehr direkt und energiegeladen, alle Schallereignisse werden typisch für Flächenstrahler großformatig und mit wunderbaren Klangfarben reproduziert.

Der LCD4 ist der Konterpart zu einer imposanten Wiedergabe. Denn der AUDEZE klingt insbesondere im direkten Vergleich zum HIFIMAN völlig unspektakulär. Der erste Eindruck war bei mir zunächst also einmal eher eine mittelprächtige Enttäuschung.

Und dies bewog mich bereits nach wenigen Minuten dazu, wie eingangs schon erwähnt, einen AUDEZE LCD-X für eine zusätzliche Gegenüberstellung hinzu zu ziehen. Aber auch in diesem ersten Quercheck erschloss sich mir keineswegs der gigantische Aufpreis von immerhin 2.800 € (!) zum Spitzenmodell. Denn selbst der LCD-X spielte offensichtlich lebendiger und akzentuierter auf.

LCD4 vs. LCD-X

Was also zur Hölle hat sich AUDEZE bei diesem Kopfhörer gedacht? Nun, vielleicht ja doch eine ganze Menge. Denn schon nach einiger Zeit fallen mir beim genauen Hinhören mehr oder weniger deutliche Differenzen zum LCD-X auf.

Der Bass ist bei allen AUDEZE’s bekanntlich eines der prägnantesten Markenzeichen. Er besitzt einen unglaublichen Tiefgang, drückt gewaltig im Midbassbereich und überzeugt zudem mit einem sehr sauberen Impuls im Oberbass, ohne selbigen jemals ungebührlich aufzublähen.

Dennoch zeigen sich schon jetzt die ersten kleinen Unterschiede zwischen den beiden LCD-Kopfhörern. Den Ausflug in den niedrigen Hertzbereich beherrschen beide Kopfhörer gleichsam sehr gut, der LCD4 verleiht dem Tiefbass aber eine sauberere Struktur. Wo dem LCD-X in den tiefsten Frequenzganggefilden gefühlt ein wenig „die Puste ausgeht“, kann man beim größeren Bruder noch wahrhaftig die allertiefsten Töne vernehmen. Der Midbassbereich des LCD4 wirkt vielleicht auch dadurch bedingt ein wenig zurückgenommen, überzeugt aber auch hier mit mehr Konturenschärfe. Da mir auch der Oberbass noch ein wenig ansatzloser als beim LCD-X erscheint, würde ich den Bass des LCD-X zwar als etwas „mächtiger“, den des LCD4 aber ebenso als etwas „konturierter“ bezeichnen.

Der Grundtonbereich ist beim LCD4 ein wenig ausgeprägter als beim LCD-X. Stimmen und Instrumenten wird so etwas mehr Körper verliehen. Um dies jetzt nicht falsch zu verstehen. Auch der LCD-X gibt alle Arten von Musikkonserven auf Weltklasseniveau wieder. Dennoch wirkt die Wiedergabe im direkten Vergleich zum LCD4 leicht steriler und analytischer.

Beide Kopfhörer beeindrucken auch im Mitteltonbereich mit einer hohen Reichtum an Klangfarben. Aber wiederum setzt sich der LCD4 leicht ab. Wo der LCD-X hier wie dort gelegentlich einen Akzent zu viel setzt, trifft der größere Bruder immer exakt das richtige Maß beim Pinselstrich. Gerade Stimmen, aber auch klassische Instrumente wie Klavier oder Violinen klingen über den LCD4 so absolut realistisch.

Im Hochtonbereich punktet auf den ersten Metern zunächst der Kleinere der beiden AUDEZE’s durch seine famose Detailarbeit. Auch bedingt durch die dem Klang förderlichen Alcantara-Polster schält der LCD-X feinste Klangverästelungen aus unterschiedlichstem Musikmaterial akribisch heraus. Fast wäre ich also geneigt, dem LCD-X den ersten Punkt zu erteilen.

Aber halt. Wo der LCD-X den verschiedenen Hochtonanteilen, beispielsweise den von Instrumenten, eine nahezu gleiche quantitative Gewichtung bezüglich der empfundenen Lautstärke auf der imaginären Bühne verleiht, nimmt der LCD4 zudem eine genauere qualitative Einstufung derselben vor. Zumal der LCD-X im Hochtonbereich auch leicht „körniger“ agiert als der LCD4. Das finale Auflösungsvermögen in die wirklich allerfeinsten Schattierungen der Musik ist beim großen AUDEZE letzten Endes eben noch eine Spur stärker ausgeprägt. Wahrscheinlich auch aufgrund des noch dünneren und nahezu massefreien Folienmaterials der Treibermembranen.

Und genau diese subtilen Differenzierungen haben einen wesentlichen Einfluss auf das räumliche Darstellungsvermögen der beiden Kopfhörer. Liegen LCD4 und LCD-X bei der Staffelung des musikalischen Geschehens in der Breite noch nahezu auf Augenhöhe, ist der LCD4 auch in der Lage, eine glaubhafte räumliche Tiefe aufzubauen. Der LCD-X wirkt in diesem direkten Kontrast eher etwas flächiger und auch 2-dimensionaler in seiner Darstellung. Aber diese Aussage sollte natürlich jetzt bitte relativiert werden. Denn auch dem HIFIMAN HE1000 V2 gelingt eine Tiefenstaffelung nicht ganz auf dem Niveau des LCD4. Dazu aber später mehr.

Zum Abschluss der Gegenüberstellung der beiden AUDEZE’s möchte ich noch anmerken, dass der LCD-X zwar letztendlich gegen den LCD4 in fast allen Bereichen leicht das Nachsehen hat, sich der große AUDEZE seine Vorteile aber auf einem insgesamt sehr hohen Niveau auch hart erarbeiten muss. Denn allein schon der angeschlossene Verstärkerpartner kann den Ausschlag über Sieg oder Niederlage geben und so das Zünglein an der Waage spielen. Denn der LCD4 benötigt einen mehr als nur potenten Verstärker, um seine vollen Qualitäten zu entfalten. Der LCD-X agiert hier erheblich anspruchsloser und gibt sich nicht wählerisch bei der Auswahl des Kollegen aus der Verstärkerfraktion.

Beispiel gefällig? An meinem FOSGATE SIGNATURE betrieben läuft der LCD-X zur Hochform auf. Die leichte Körnigkeit im Klangbild verschwindet beinahe vollständig. Der räumliche Eindruck nimmt außerdem in der Tiefe leicht zu. Der LCD4 klingt an diesem vergleichsweise schwachbrüstigen Verstärker eher lustlos mit einem nur rudimentären Ansatz von Dynamik. Und dieser Umstand könnte für manch Einen sogar der ausschlaggebende Punkt für einen AUDEZE LCD-X sein. Auf den preislichen Vorteil will ich jetzt gar nicht erst eingehen.

Leider stand mir als Ergänzung zum LCD4 der AUDEZE KING für diesen Test nicht zur Verfügung. Insbesondere durch seine spezielle Adaption auf den LCD4 bildet dieses kongeniale Gespann sicherlich das nahezu perfekte Team. Und dieses Traumduo wäre möglicherweise auch von Nöten gewesen. Denn zwischenzeitlich wartet schon der finale Gegner.

LCD4 vs. HE1000 V2

Der Kampf kann also endlich beginnen. Wobei wahrscheinlich die Wahl der Waffen unterschiedlicher nicht ausfallen könnte. Auf der einen Seite die leichtfüßige Lichtgestalt, im Mittelton offen, luftig und farbig hell strahlend – auf der anderen Seite die gewaltige aber gleichwohl unauffällig musikalische Eminenz, mit warmem und seidigem Spiel! – Spaß beiseite. Denn jetzt wird es schließlich Ernst. Und mit dieser Ernsthaftigkeit betrachte ich zunächst einmal die nüchternen Fakten nach reinen HIFI-Kriterien. Und zähle so einfach die Punkte zusammen.

BASS

Über den Bassbereich des LCD4 habe ich ja bereits im Vorfeld im Vergleich zum LCD-X schon ein paar Takte geschrieben. Dem ist eigentlich auch nicht mehr viel hinzuzufügen. Aber wir schlägt sich denn nun der HE1000 V2 im direkten Vergleich?

Nun. Sehr gut. Denn der Bassbereich dieser beiden Kontrahenten unterscheidet sich nicht wesentlich voneinander. Der HE1000 V2 besitzt die zwar noch etwas schlankere Struktur, punktet aber mit demselben sauber konturierten Tiefgang. Separation und Präzision liegen auf annährend selbem Niveau. Die leicht akkuratere Impulsverarbeitung des HE1000 V2 kontert der LCD4 mit einem Quäntchen mehr Bassdruck. Je nach verwendetem Musikmaterial gefällt mir persönlich einmal der Eine oder der Andere etwas besser. Sei es drum. Ein Traumbass auf beiden Seiten. Und ein erstes Patt. 1:1.

GRUNDTON

Der LCD4 weist einen etwas kräftigeren Grundtonbereich als der HE1000 V2 auf. Somit wirkt die Wiedergabe über den AUDEZE leicht substanzieller und auch wärmer als über den HIFIMAN. Stimmen und Instrumente besitzen aber auch beim HE1000 V2 jederzeit genügend Plastizität. Durch das dunklere Timbre des LCD4 erscheint das Klangbild aber insgesamt erdiger, dasjenige des HE1000 V2 dagegen transparenter. Ist natürlich ebenfalls Geschmacksache. Trotzdem verzeichne ich für mich hier einen leichten Vorsprung für den AUDEZE. 2:1.

MITTELTON

In diesem Bereich kann sich der HE1000 V2 nach reinen HIFI-Kriterien erstmals vom LCD4 mehr oder weniger deutlich absetzen. Denn der Mittelton ist eine Paradedisziplin des HIFIMAN. Vor allem mit CARDAS CLEAR Verkabelung. Eine unvergleichliche Luftigkeit im Klangbild paart sich mit einer wunderbaren Natürlichkeit von Stimmen und Instrumenten. Der HE1000 V2 beherrscht dabei auch die Darstellung allerfeinster Nuancen innerhalb einer Gesamtpräsentation. Jedwede Art von Musik klingt absolut authentisch. Hier kann der LCD4 nicht ganz mithalten und agiert vergleichsweise etwas bedeckter, wie mit einem hauchdünnen Schleier belegt. Zumindest in diesem direkten Vergleich auf Topniveau. Nach Punkten steht es jetzt also 2:2.

HOCHTON

Beim Hochtonbereich schließlich scheiden sich erfahrungsgemäß die Geister. Denn kein Frequenzbereich ist bei HIFI’ isten wohl derart umstritten. Was auf der einen Seite im tatsächlich vorhandenen Hörvermögen eines jeden Einzelnen begründet ist. Aber natürlich auch auf den ganz individuellen Präferenzen basiert. Dennoch werde ich versuchen, zumindest die Unterschiede bei beiden Kopfhörern möglichst genau zu beschreiben.

Beide Testprobanden finden einen bruchlosen Übergang zu ihren mittleren Frequenzen und bauen den Hochtonbereich nahtlos auf dem Mittelton auf. Nur ist die jeweilige Startposition eben eine Andere. Während der LCD4 seine vergleichsweise dunkle Abstimmung beibehält und den Hochton konsequent darauf ausrichtet, spielt der HE1000 V2 buchstäblich eine Etage höher. Dieses Plus an Hochtonenergie kommt meinen Hörempfinden etwas mehr entgegen, sei dies nun in meinem persönlichen Geschmack begründet oder gegebenenfalls auch meinem Alter geschuldet.

Interessanterweise liegen beide Kontrahenten auch bezüglich ihres exzellenten Auflösungsvermögens nahezu auf Augenhöhe. Durch den stärker ausgeprägten Hochtonbereich rücken aber die allerfeinsten musikalischen Informationen beim HE1000 V2 erheblich leichter über die Wahrnehmungsschwelle, gerade auch bei geringen Abhörlautstärken. Dadurch verbessert sich ganz subjektiv, aber eben doch „ohrenfällig“ die Detailarbeit. Auch Hallfahnen klingen länger aus, was auch die empfundene Raumgröße nachhaltig beeinflusst. Macht jetzt 2:3 zugunsten des großen HIFIMAN.

RÄUMLICHKEIT

In diesem Punkt unterscheiden sich LCD4 und HE1000 V2 stärker voneinander, insbesondere im Bezug auf die räumliche Ausdehnung und die Definition der entsprechenden Raumgrenzen.

Der AUDEZE erzeugt, typisch für die Magnetostaten des amerikanischen Herstellers, einen eher überschaubaren Raum in Breite und Tiefe, lotet diese Raumgrenzen aber sehr präzise aus. Die Staffelung der musikalischen Ereignisse gelingt dem LCD4 ganz hervorragend, eben auch in die Tiefe (siehe oben). Die Akteure auf der imaginären Bühne werden dabei nicht nur meisterhaft positioniert, sondern auch im genau richtigen Größenverhältnis zueinander dargestellt. Bei geschlossenen Augen wirkt dies bereits nach kurzer Zeit absolut realistisch. Dieses in sich kohärente Darstellungsvermögen des AUDEZE begünstigt rein subjektiv das harmonische Zusammenspiel der Akteure und fördert den Eindruck eines sehr musikalischen Flusses.

Der HIFIMAN schlägt hier eine leicht andere Richtung ein. Die Wiedergabe ist im Gegensatz zum AUDEZE sehr viel weitläufiger mit einer breiteren Bühnenabbildung. Und er baut eben diese Bühne auch im stärkeren Maße rund um den Kopf aus. Die Staffelung von Stimmen und Instrumenten gelingt dem HE1000 V2 ebenfalls ganz ausgezeichnet, die Konturen sind aber etwas weniger scharf umrissen als beim LCD4. Außerdem spielt der HIFIMAN auch direkter „Into the Face“, einem SENNHEISER HD800 nicht gänzlich unähnlich. Man ist so sehr viel näher am klanglichen Geschehen „beteiligt“. Dadurch bedingt wirken einzelne musikalische Bühnenereignisse zum Teil schon gespenstig echt. Dies ist vielleicht auch mit eine Folge der charakteristischen Hochtonwiedergabe. Die Tiefenstaffelung liegt schließlich nicht ganz auf dem sehr hohen Niveau des LCD4, genügt aber für sich betrachtet dennoch höchsten Ansprüchen.

Die Entscheidung fällt mir somit etwas schwer. Aber trotzdem geht dieser Punkt nach reiflicher Überlegung für mich an den AUDEZE LCD4. Also 3:3. Wieder unentschieden.

DYNAMIK

Die dynamischen Qualitäten beider Kontrahenten hängen sicherlich ganz entscheidend vom Zuspieler ab. Beide Probanden besitzen einen bescheidenen Wirkungsgrad, vielleicht mit ganz leichten Vorteilen für den HE1000 V2. Aber dennoch. Ohne eine adäquate Verstärkung spielen die wohl besten magnetostatischen Kopflautsprecher der Welt auf dem Niveau von Hörern der 500,- € Klasse. Dies betrifft in erster Linie natürlich die Grobdynamik, aber auch die feinen Töne kommen ohne einen fähigen Spielpartner keinesfalls zur vollen Entfaltung.

Mein BURSON CONDUCTOR VIRTUOSO V2 liefert an 16 Ohm imposante 8,2 Watt pro Kanal. Dies spricht vor allem für eine hohe Stromlieferfähigkeit. Die Leistung nimmt erwartungsgemäß sukzessive mit steigendem Widerstand ab. An 32 Ohm sind es 4 Watt, an 100 Ohm 1.5 Watt und an 300 Ohm immerhin noch 0,5 Watt pro Kanal.

Möglicherweise ist der LCD4 mit seiner Systemimpedanz von 200 Ohm gegenüber dem HE1000 V2 mit der Impedanz von lediglich 70 Ohm im Nachteil und würde an einem noch leistungsfähigeren Verstärker vermutlich erst sein wahres dynamisches Potential entfalten. Immerhin liegt die kurzeitige Belastbarkeit des LCD4 bei 15 Watt (!) pro Kanal.

Im Idealfall eben im Zusammenspiel mit dem hauseigenen AUDEZE KING. Dies kann ich in diesem Vergleichstest aber leider nicht verifizieren. Außerdem besteht die Aussicht auf eine dynamische Steigerung durch entsprechend potente Spielpartner selbstverständlich ja ebenso für den HIFIMAN. Mit dem CONDUCTOR VIRTUOSO V2 harmoniert der HE1000 V2 meines Erachtens aber eine Spur besser und der HIFIMAN kann aus diesem Grunde in Sachen Dynamik wieder einmal mehr punkten. Vielleicht liegt es ja auch am identischen Namenszusatz.

Gleichwohl möchte ich dieses klanglich durchaus relevante Kapitel „fairnesshalber“ aus meiner Bewertung herausnehmen. Wer aber möchte, kann natürlich auch dieses Kriterium in seine ganz eigene Beurteilung mit einfließen lassen.

Mein Fazit

Nach klanglichen Gesichtspunkten steht es nach der obigen Erbsenzählerei Unentschieden. Darüber hinaus verzeichnet der HIFIMAN aber eben auch leichte Vorteile beim Tragekomfort. Setzt man dieses Testergebnis nun noch in das Verhältnis zu den offiziellen Verkaufspreisen von 3.500,- € (HIFIMAN) und 4.800,- € (AUDEZE), gewinnt der HE1000 V2 diesen Vergleichstest doch mehr oder weniger deutlich. Denn der Preisunterschied von immerhin 1.300,- € lässt sich aus meiner Sicht nicht wirklich schlüssig rechtfertigen. Zumal der LCD4 erschwerend auch wesentlich höhere Ansprüche an den verstärkenden Spielpartner stellt.

Dies ist aber natürlich nur die halbe Wahrheit. Denn abseits der harten klanglichen Fakten zeichnen sich die beiden Magnetostaten für eine persönliche Beurteilung auch noch durch weiche Faktoren aus, welche über die rein sachlichen Aspekte hinausgehen und in einem Vergleichstest nur schwerlich erfasst werden können.

Wer sich beispielsweise in die signifikante und homogene Klangsignatur des AUDEZE verliebt hat und seine herausragende Abbildungsschärfe und die überragende Musikalität zu schätzen weiß, wird den Aufpreis zum HIFIMAN wahrscheinlich gerne entrichten. Wer auf der anderen Seite auf ein fein ziseliertes und Elektrostaten-ähnliches Auflösungsvermögen verbunden mit einem sehr klangfarbenstarken aber gleichwohl transparenten Mitteltonbereich steht, dabei aber ebenso ein jederzeit solides Bassfundament vorzieht, wählt vielleicht lieber doch den HIFIMAN.

Diese Empfehlung gilt natürlich ohne Einschränkung auch für den AUDEZE LCD-X, der sich in diesem Vergleich mehr als achtbar schlägt und sich in jedem Fall die Auszeichnung für das beste Preis-Leistungs-Verhältnis (1.990,- €) in dieser Gruppe wahrhaft verdient hat. Wenn ich jetzt in nur einem einzigen Satz die beiden besten magnetostatischen Flächenstrahler der Welt abschließend charakterisierend beschreiben müsste, würde ich es vielleicht wie folgt formulieren:

„Der HE1000 V2 beherrscht alle Nuancen der Musik, der LCD4 macht sich ihre Schattierungen zu Verbündeten.“

Euer Fidelio

Meine Wertung (HE1000 V2)

Klangqualität (60%) : 4 von 5 Ohren
Tragekomfort (20%) : 4 von 5 Ohren
Verarbeitung (20%) : 3 von 5 Ohren

Meine Wertung (LCD4)

Klangqualität (60%) : 4 von 5 Ohren
Tragekomfort (20%) : 3 von 5 Ohren
Verarbeitung (20%) : 4 von 5 Ohren

(*) Die Testberichte auf Musicalhead geben ausschließlich meine persönliche Meinung zum Produkt wieder. Es handelt sich hierbei um redaktionelle Beiträge, welche aber durchaus eine werbende Wirkung beim Leser erzielen könnten, ohne dass ich von einem Unternehmen damit beauftragt wurde.


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COMMENTS1

  1. Leichte Vorteile beim Tragekomfort bei dem Hifiman? Naja, sagen wir mal so, den spürt man auf dem Kopf gar nicht und den LCD kann man gerade mal 20 min. tragen, danach will man ihn bloß wieder abnehmen (ja auch mit dem Carbon-Kopfband). So geht es sehr vielen und ist schon für viele auch das Ausschlusskriterium 4800 EUR dafür zu bezahlen.


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