Es sind jene Momente, weshalb ich dieses Hobby liebe. Ein stressreicher Arbeitstag neigt sich dem Ende entgegen und das leicht stürmische Herbstwetter ist wenig geeignet, mich von meiner besseren Hälfte zu einem ausgiebigen Spaziergang überreden zu lassen. Zumal es gerade auch noch zu regnen begonnen hat.
Was gibt es also Schöneres, sich stillschweigend und voll freudiger Erwartung in den zwischenzeitlich aufgewärmten Wintergarten zurückzuziehen und bei einem Glas erlesenen Rotwein meinen musikalischen Pretiosen via Ohrlautsprecher zu lauschen – selbstverständlich in exzellenter akustischer Qualität. Und um diesem Anspruch vollumfänglich gerecht zu werden, greife ich am heutigen Abend zum brandneuen HEDDphone® D1 – für sage und schreibe 699 Euro. Wie bitte?
Wenngleich mich jetzt langjährig erfahrene Gralsritter der feinen Töne freundlich darauf hinweisen werden, dass meine abendliche Reise ins klangliche Nirvana und der diesbezüglich bekundete Kapitaleinsatz eventuell nicht miteinander korrelieren könnten, werde ich im nachfolgenden Hörtest zum HEDDphone® D1 sukzessive aufzeigen, dass sich musikalisches Vergnügen und eine akzeptable Preisgestaltung nicht zwangsläufig ausschließen müssen.
Denn die monetäre Entwicklung im Kopfhörersegment nimmt aus meiner Sicht seit einigen Jahren immer groteskere Formen an. Dabei noch halbwegs erschwingliche, akustische Kleinode im Markt zu lokalisieren, gerät bei einem nahezu unüberschaubaren Angebot immer mehr zur Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen – und führt gegebenenfalls zum neuen dynamischen Ohrlautsprecher D1 der deutschen Manufaktur HEDD AUDIO.
„Heinz Electro Dynamic Designs“ wurde vom Physiker Klaus Heinz und seinem Sohn – dem Musikwissenschaftler Dr. Frederik Knop – im Jahr 2015 in Berlin gegründet und entwickelt audiophile Gerätschaften in Gestalt von Lautsprechern und Kopfhörern sowohl für den professionellen, als auch für den highfidelen Einsatz. Neben dem Erstlingswerk HEDDphone® und den Nachfolgern HEDDphone® TWO und HEDDphone® TWO GT, markiert der neue D1 nunmehr die zweite Modellreihe des Berliner Herstellers.
Im Gegensatz zu den mit AMT-Treibern (Air Motion Transformer) bewehrten größeren Brüdern, verrichtet der D1 seinen musikalischen Dienst mittels des altbewährten dynamischen Arbeitsprinzips, obschon die kreativen Macher von HEDD AUDIO einen revolutionären Durchbruch in diesem Segment verkünden – den weltweit ersten Ohrlautsprecher mit TPCD-Carbon-Membranen.
Innovative Membranen aus Carbon
Die Idee, dünnschichtige Membranen aus Carbon in Kopfhörern einzusetzen, wurde bereits vor 8 Jahren geboren und nach umfangreicher Entwicklung schließlich im HEDDphone® D1 verwirklicht. In enger Kooperation mit Composite Sound – einem Spezialisten für fortschrittliches Membrandesign in Schweden – wurde nach Aussage von HEDD AUDIO ein technisch wegweisender Ohrlautsprecher geschaffen, welcher die dynamische Treiberleistung völlig neu definieren soll.
Denn die innovativen Thin-Ply-Carbon-Diaphragmen (TPCD) werden aus ultradünnen und federleichten Kohlenstoffschichten gefertigt, welche fest definiert- und gleichzeitig hochpräzise ausgerichtet werden, um mögliche Resonanzen bereits auf struktureller Ebene zu kontrollieren, um somit auf weitere Bedämpfung in Form einer zusätzlichen Beschichtung verzichten zu können.
Aufgrund der äußerst geringen Masse und einem ausgezeichneten Verhältnis von Steifigkeit zu Dichte, verwirklichen die Treiber des D1 laut HEDD AUDIO eine nahezu trägheitslose und zugleich exakte Membranbewegung über das gesamte hörbare Frequenzpektrum, welche nicht nur mit einer außergewöhnlich hohen Impulstreue einhergeht, sondern gleichsam in einer höchst authentischen Wiedergabe der musikalischen Schätzchen resultiert.
Die moderate Impedanz von 32 Ohm sowie ein relativ hoher Wirkungsgrad von 100 dB/ mW erlauben darüber hinaus eine mitunter äußerst praktische Kombination mit mobilen Gerätschaften, wenngleich das HEDDphone® D1 – wie sich im nachfolgenden Hörtest noch herausstellen wird – ebenso mühelos mit hochwertigen stationären Quellen skaliert.
Erfreulicherweise liegt der allgemeine Tragekomfort des D1 auf einem überraschend hohen Niveau – auch bedingt durch das niedrige Eigengewicht von 350 g und die deutlich einfachere Konstruktion des Kopfbandes. Der relativ hohe Kunststoffanteil, beispielsweise bei den Treibergehäusen, trägt ebenso zu einer gelungenen Gewichtsreduktion bei. Und da auch der Anpressdruck der samtweichen Ohrpolster vergleichsweise moderat gewählt wurde, steht ausgedehnten Hörabenden aus meiner Sicht nichts mehr im Wege.
Der D1 wird – wie übrigens alle Ohrlautsprecher der Berliner Manufaktur – vollständig in Deutschland gefertigt, lediglich die maßgeschneiderten TPCD-Membranen steuert Composite Sound bei. Überdies ist HEDD AUDIO zu 100% von der langlebigen Machart seiner Produkte überzeugt und gewährt auf den neuen Kopfhörer eine Garantie von 5 Jahren. Dies mutet um so erstaunlicher an, als dass die Ohrlautsprecher u.a. auch in professionellen Aufnahmestudios zum Einsatz kommen. Chapeau.
An dieser Stelle möchte ich mich außerdem noch einmal ganz herzlich bei Freddy Knop für die unbürokratische und schnelle Bereitstellung meines heutigen Testprobanden bedanken. Weitere technische Informationen zum HEDDphone® D1 findet ihr im Übrigen auch auf der Homepage von HEDD AUDIO unter: hedd.audio.de
Hörtest
Nun aber zur alles entscheidenden Frage – wie klingt das neue Wunderwerk aus Berlin? Während ich es mir auf unserem Sofa im Wintergarten gemütlich mache, versuche ich in den ersten Hörminuten zunächst, das neue HEDDphone® D1 am ASTELL & KERN KANN ULTRA klanglich einzuordnen. Um hierzu den symmetrischen 4.4 mm PentaConn Ausgang des digitalen Audio Players (DAP) nutzen zu können, verwende ich ein Silberkabel aus dem MEZE Zubehör, da das serienmäßige Pendant nur über einen 3.5/ 6.3 mm Klinkenanschluss verfügt.
Und als erstes fällt mir auf – dass mir absolut nichts auffällt. Und dies ist grundsätzlich immer ein sehr gutes Zeichen. Denn unabhängig vom gewählten musikalischen Material spielt der Berliner Ohrlautsprecher mit einer überraschenden Neutralität sowie einem minimal warmen Timbre auf und präferiert infolgedessen auch keinen bestimmten Frequenzbereich – der D1 könnte geradezu als Paradebeispiel für unser schönes Hobby dienen.
Außerdem legt das HEDDphone® ein phänomenales Tempo vor – insbesondere für einen Kopfhörer mit dynamischem Arbeitsprinzip. Der äußerst linear strukturierte, aber dennoch druckvolle Bassbereich erinnert mich ob der blitzschnellen Impulsantwort bisweilen gar an orthodynamische Flächenstrahler, obgleich der D1 die allerhintersten Winkel im tiefsten Frequenzkeller nicht gleichermaßen akkurat auszuleuchten vermag – geschenkt.
Durch die hohe Geschwindigkeit im Bassbereich gelingt zudem eine perfekte akustische Anbindung an den leicht erdigen Grundton – insbesondere Gesangsstimmen verfügen dadurch über stets genügend Plastizität. Außerdem überrascht der D1 mit einer für diese Preisklasse überragenden Detailarbeit im klangsensitiven Mitteltonbereich – zumal der deutsche Kopfhörer alle musikalischen Ereignisse sehr gewissenhaft und punktstabil im räumlichen Kontext auffächert.
Aber während das HEDDphone® am KANN ULTRA eine bemerkenswert weitläufige Bühnenabbildung generiert, gerät die Tiefenstaffelung vergleichsweise ins Hintertreffen – es mangelt mitunter etwas an Luftigkeit zwischen den einzelnen Akteuren. Dies könnte jedoch ebenso der mobilen Verbindung mit dem A&K geschuldet sein, was eine Interaktion mit stationärem Gerät zu einem späteren Zeitpunkt wohl unumgänglich macht.
Im Hochtonbereich beeindruckt der D1 wiederum mit seinem ausgezeichneten Auflösungsvermögen – selbst zarteste Schattierungen in der Musik werden mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit reproduziert. Dazu verkneift sich der dynamische Ohrlautsprecher jedweden Anflug von Sibilanz und zeichnet sich stets durch eine seidige und dennoch fein artikulierte Höhenwiedergabe aus.
Infolgedessen kann das HEDDphone® D1 in Kombination mit erstklassigen Spielpartnern aus der mobilen Zunft aus meiner Sicht zweifelsohne überzeugen – wenngleich mein Gefühl mir sagt, dass dieser unscheinbare dynamische Feingeist akustisch noch mehr zu bieten hat. Und während ich bereits über diverse klangliche Maßnahmen sinniere, schlendere ich derweil in unsere Küche und genehmige mit erst einmal einen leckeren Espresso.
Natürlich bestünde theoretisch noch die Möglichkeit, die neue Berliner Wunderwaffe final mit meinem ZÄHL HM1 REFERENCE zu verbandeln – aber wer bitte schön, kombiniert einen Kopfhörerverstärker für nahezu 10.000 Euronen mit einem 700 € Kopfhörer? Da scheint es mir doch wesentlich praxisgerechter, einen musikalisch adäquaten Spielpartner in derselben preislichen Liga zu präferieren.
HEDDphone® D1 & ECHO VIBE
Also warum nicht gleich zum neuen FELIKS AUDIO ECHO VIBE greifen, welchen ich erst kürzlich auf Musicalhead rezensiert habe. Die niedrige Impedanz des D1 sollte ob des hohen Wirkungsgrades dabei kein größeres technisches Hindernis darstellen. Und da mich fortan die Neugier treibt, verzichte ich auf die kulinarischen Annehmlichkeiten aus unserer Küche und bereite stattdessen eine erweiterte Hörsession in Verbindung mit dem polnischen Röhrenverstärker vor.
Zu diesem Zweck verkabele ich das HEDDphone® über die mitgelieferte schwarze Standardstrippe mit dem 6.3 mm Kopfhörerausgang des FELIKS AUDIO. Als Signalquelle fungiert wiederum der o.g. KANN ULTRA, welcher über seinen symmetrischen Line-Out-Port schlüssigen Kontakt zum ECHO VIBE aufnimmt. Demzufolge sollte mir auch eine klangliche Beurteilung der röhrenbewehrten Verstärkersektion in Kombination mit dem D1 leichter fallen, da die DAC-Sektion schlußendlich identisch ist.
Das Zusammenspiel der beiden akustischen Weggefährten auf Zeit erweist sich tatsächlich als absoluter Glücksgriff – ganz offensichtlich zeigt der D1 eine verstärkte Affinität zu röhrenbewehrten Gerätschaften. Und es ist schwer in Worte zu fassen, wieviel Spass an der Musik mir dieses kongeniale Pärchen mit seinem wunderbaren Klangfarbenreichtum vermittelt.
Meine anfänglichen Bedenken hinsichtlich der Leistungsreserven des ECHO VIBE werden bereits in den ersten Hörminuten zerstreut – zu keinem Zeitpunkt gewinne ich den Eindruck, dass das jeweilige dynamische Geschehen einer Komprimierung unterworfen wäre – und selbst höhere Lautstärkepegel lassen den kleinen Röhrenverstärker völlig kalt, wenngleich die Röhren dabei herrlich glühen und demzufolge auch das optische Vergnügen bei Nacht nochmalig steigern.
Apropos steigern: insbesondere die Durchhörbarkeit in anspruchsvoll arrangierten Passagen profitiert von der neuerlichen akustischen Konstellation, eine transparente räumliche Abbildung in die Tiefe ist ebenfalls kein Thema mehr. Darüber hinaus präsentiert das HEDDphone® jedwedes musikalische Genre erneut auf völlig unspektakuläre Art und Weise, begeistert im Zusammenspiel mit dem FELIKS AUDIO mit einem wunderbaren Fluss und wahrt gleichsam eine bemerkenswerte Kohärenz.
Neben der hervorragenden tonalen Balance zeichnet sich das HEDDphone® D1 durch eine unbändige Spielfreude am ECHO VIBE aus und beweist dazu ein besonderes Feingespür für die jeweilige musikalische Intention. Dazu werden auch die einzelnen Transienten höchst authentisch wiedergegeben, was mir in Summe des Gebotenen nicht nur ein höchst zufriedenes Lächeln ins Gesicht zaubert, sondern zuweilen auch für den gewissen Gänsehautfaktor sorgt. Ganz großes Kopfhörer-Kino.
Mein Fazit
Zugegebenermaßen stimmt mich die Rezension zum neuen HEDDphone® D1 leicht nachdenklich und erinnert mich zugleich daran, dass der Weg ins klangliche Nirvana keinesfalls an monetären Investitionen gemessen werden sollte. Denn speziell der neue Berliner Ohrlautsprecher belehrt mich wie so oft eines Besseren – akustischer Hochgenuss ist keineswegs eine Frage des Geldbeutels.
Denn klanglich begeistert der D1 auf ganzer Linie – mit einem hervorragend strukturierten und dennoch druckvollen Bassbereich, plastischen und gleichsam transparenten Mitten, fein detaillierten Höhen sowie einer weitläufigen und ortungsscharfen räumlichen Abbildung. Auch in dynamischer Hinsicht läßt das HEDDphone® nichts anbrennen und gibt sich völlig unkapriziös in Bezug auf den jeweilig gewählten Spielpartner.
Das HEDDphone® D1 ist mit Abstand der beste Kopfhörer unter 1.000 Euro, den ich bislang getestet habe. Wenngleich der dynamische Ohrlautsprecher bereits an mobilen Spielpartnern großartig musiziert, markiert die phänomenale Verbindung mit dem FELIKS AUDIO ECHO VIBE einen veritablen Höhepunkt in Sachen Musikalität in diesem Preissegment – was dem HEDDphone® D1 ganz nebenbei einen verdienten Platz im TOP10 Olymp auf Musicalhead sichert.
Meinen herzlichen Glückwunsch nach Berlin! Dieser innovative dynamische Kopfhörer ist klangtechnisch der absolute Hammer und erhält somit zweifelsohne meine ausdrückliche Empfehlung – an wahrlich alle Gralsritter der feinen Töne.
Euer Fidelio
Meine Wertung
Klangqualität (60%) : 5 von 5 Ohren
Tragekomfort (20%) : 4 von 5 Ohren
Verarbeitung (20%) : 4 von 5 Ohren




