Wie einige von euch vielleicht wissen, besitze ich schon seit einiger Zeit einen stationären Verstärker der Marke QUESTYLE, den CMA800R. Da ich vor allem die enorme Schnelligkeit und die schier unbegrenzte Stromlieferfähigkeit des Letztgenannten sehr schätze, war ich nun erwartungsvoll gespannt auf die mobile Variante. Zumal die vom Hersteller genannten Leistungsangaben des „Kleinen“ doch eher bescheiden ausfallen. Aber dazu später mehr.
Ich möchte eingangs an dieser Stelle erwähnen, dass ich grundsätzlich nicht unbedingt ein großer Freund der DAP bin. Zum einen favorisiere ich immer die bestmögliche Wiedergabequalität. Und diese ist bei den stationären Vertretern aufgrund ihrer Souveränität in Sachen Power in der Regel eben meist eher gegeben. Zumal mobile KHV vor allem auch bezüglich ihrer räumlichen Fähigkeiten für mich zu sehr eingeschränkt agieren.
Zum anderen halte ich es im täglichen, mobilen Gebrauch für unpraktisch, außer meinem (selbstverständlich unabkömmlichen) iPHONE, noch ein weiteres Abspielgerät mit mir herum zu schleppen. Von dem ständigen Aufwand des Aufspielens von neuer musikalischer „Software“ ganz zu schweigen.
Nach diversen „Experimenten“ mit FiiO X3, iBASSO DX90 und CALYX M, welche mich ob der oben genannten Anforderungen allesamt nicht vollständig überzeugen konnten, habe ich mir schließlich einen OPPO HA2 zugelegt, welchen ich über ein AUDIOQUEST CINNAMON Digitalkabel mit dem besagten iPHONE verbinde und so auch unterwegs meiner KH-Leidenschaft frönen kann.
Und durch die zweckmäßige Kombination mit geeigneten „leichten“ Spielpartnern, wie beispielsweise meinem GRADO GH1 oder dem ULTRASONE TIO In Ear reichen mir die zugegebenermaßen bescheideneren Möglichkeiten eines HA2 dann eben auch aus.
Nun also doch noch ein Versuch. Warum? Ganz einfach. Erstens suche ich immer noch einen geeigneten mobilen Partner für meinen ULTRASONE EDITION 5 Limited. Mein Plan ist es, mich so, abgeschottet von Umweltgeräuschen (wie beispielsweise dem Staubsauger meiner Frau) auf mein Couchdomizil im Wintergarten zurückziehen zu können, ohne gleich mein gesamtes übliches Equipment umstöpseln und transportieren zu müssen.
Und zweitens wollte ich ganz einfach wissen, ob es QUESTYLE tatsächlich geschafft hat, ihr „Current Mode“ Know How auf ein kleines und mobiles Gerät zu übertragen.
Verarbeitung & Ausstattung
Die mit schwarzem Filz ausgekleidete Verpackung im gleichen Farbton mutet zunächst ein wenig altbacken an. Der mittig platzierte QP1R erscheint so allerdings aufgrund seines ersten Auftritts in Silbermatt zunächst sehr wertig. Und das ist er bei näherer Betrachtung dann auch.
Das Gerät ist nämlich hervorragend verarbeitet und glänzt zudem durch die vollständige Abwesenheit von Kunststoff. Selbst der in feinen Stufen einrastende Lautstärkeregler ist, wie übrigens auch das komplette Gehäuse, nahtlos aus Aluminium gefertigt. Vorder- und Rückseite bestehen nach Angabe des Herstellers aus mehrfach gehärtetem Glas.
Die wenigen Bedienelemente sind leicht zugänglich und mit Ausnahme des seitlichen Power-Schalters alle auf der Frontseite angeordnet. Meine einzigen Kritikpunkte bezüglich der Bedienung betreffen zum einen das schon vom seligen iPOD bekannte Scroll-Rad. Es besitzt zwar eine gutgemeinte mechanische Rasterung, ist aber nicht sehr leichtgängig und mit einer zu glatten Oberfläche versehen. Dadurch bedingt behält die Gleitreibung gegenüber der Haftreibung meist die Oberhand und den Finger basierten Kommandos wird oft so leider nicht unmittelbar Folge geleistet.
Auch das im Vergleich zu den Mitbewerbern vergleichsweise kleine Display nimmt Anleihen an die bereits vergangene Generation von Musikspielern der Marke APPLE. So gerät zum anderen auch die Benutzerführung etwas umständlich und erinnert mich zeitweilig stark an meinen FiiO X3. Dazu ist die Informationsdichte auf dem Bildschirm hoch, was eine geradezu winzige Schriftgröße zur Folge hat. So steht für mich relativ schnell fest: DAS machen die meisten anderen Anbieter der Klangzwerge inzwischen besser.
Glücklicherweise lässt sich der QP1R aber auf meinem MAC gut mit musikalischem Material „beladen“ indem er sowohl den Player mit einer integrierten Kapazität von 32 GB, als auch die eingeschobenen Micro-SD (2 x 128 GB) sofort erkennt. Es empfiehlt sich übrigens, insbesondere bei größeren Musik-Sammlungen, bereits auf dem heimischen Computer eine entsprechende Bibliothek anzulegen, um später auf dem QP1R nicht sehr schnell die Übersicht zu verlieren.
Soweit so schlecht zum Bedienkonzept. Und ganz ehrlich? Natürlich habe ich mich bereits im Vorfeld über die diesbezüglich lediglich rudimentären Möglichkeiten des QP1R in den ersten Presseberichten und Tests informiert. Wenn ihr also, ergänzend zu meinen obigen Ausführungen, an weiteren Bedienungsfeatures und technischen Informationen zum Produkt interessiert seid, empfehle ich euch wie immer die übliche Suchmaschine im World Wide Web. Womit wir so auch wieder bei dem zu Beginn meines Berichtes erwähnten technischen Datenblatt angekommen wären.
Technik
QUESTYLE gibt für den QP1R einen Output von 40 mW @32 Ohm und 12 mW @300 Ohm an. Der integrierte Verstärker arbeitet dazu ausschließlich im reinen Class A Betrieb. Und diese „Leistungs“-Daten rangen mir als verwöhnten KH-Audiophilen zunächst nur ein müdes Lächeln ab. Zumal bereits mein OPPO HA2 bis zu 220 mW @32 Ohm und immer noch 30 mW @300 Ohm, allerdings in gemischter Class A/B Schaltung leistet.
Nun ist eine Leistungsangabe von Verstärkern die eine Sache. Die tatsächliche Performance aber bisweilen eine ganz andere. Diese lehrreiche Erfahrung durfte ich bereits im HIFI-Laden zu meiner Studentenzeit zu Beginn der 80´er Jahre machen, als so manche auf dem Papier vor Kraft strotzende japanische Vollverstärker von kleinen englischen Kästchen mit lächerlichen Leistungsangaben in Grund und Boden gespielt wurden. Vor allem dann, wenn Diese von anderen kleinen fiesen Kästchen mit implementierten riesigen Ringkerntrafos flankiert wurden. Unsere Kollegen von der Insel hatten nämlich bereits recht früh erkannt, dass das Geheimnis der „Membrankontrolle eines LS“ primär in der Stromlieferfähigkeit des antreibenden Verstärkers liegt. Und genau hier setzten auch die Ingenieure von QUESTYLE an.
Vorbereitung
Jeder Hersteller muss neue Produktentwicklungen bereits im Vorfeld ziel-(Gruppen)gerichtet planen und die sich daraus ergebenden Präferenzen entsprechend berücksichtigen. Da die betriebswirtschaftliche Abteilung in dieser Phase bedauerlicherweise immer ein gewichtiges Wort mitzureden hat, müssen bei einem verständlicherweise meist begrenzten Entwicklungs-Budget so klare Prioritäten gesetzt, aber eben auch Abstriche in bestimmten Bereichen gemacht werden.
Wenn sich die noch junge chinesische Firma QUESTYLE an dieser gängigen Vorgehensweise orientiert hat, standen die rein klanglichen Fähigkeiten ihres neuen DAP mit Sicherheit ganz oben auf dieser besagten Liste. Und die Bedienungs-Features eher unten. Vielleicht auch, um an ihr phänomenales stationäres Erstlingswerk CMA800R nahtlos anzuknüpfen und den so erworbenen Ruf als Geheimtipp damit weiter zu festigen.
Gehört wurde wieder einmal meine mir wohlbekannte bunte Mischung aus Klassik, Jazz und Rock/Pop, welche ich zuvor auf den QP1R aufgespielt hatte. Als Spielpartner wählte ich den besagten ULTRASONE EDITION 5 Ltd., welcher mit einem relativ guten Wirkungsgrad aufwartet, andererseits aber auch tonale Schwächen der Zuspieler gnadenlos aufzeigt.
Klangtest
Die beim ersten Einschalten minimal harsche und helle Wiedergabe mit einer leicht flächigen räumlichen Abbildung verschwindet vollständig nach einer Einspielzeit von ca. 15-20 Stunden. („Burn in“ Zeiten von 120 Stunden, welche in amerikanischen Foren für den QP1R empfohlen werden, halte ich dagegen für leicht überzogen). Aber auf jedem Fall ist der Unterschied deutlich vernehmbar.
Der im reinen CLASS-A Betrieb arbeitende QUESTYLE QP1R spielt insgesamt mit einer neutralen Tonalität auf und glänzt mit einer musikalisch involvierenden Spielweise sowie einer sehr guten räumlichen Abbildung.
Die dynamischen Eigenschaften sind für einen DAP vergleichsweise hervorragend. Kein Vergleich beispielsweise zu meinem FiiO X3, wie ein schneller Quercheck ergab. Auch der OPPO HA2 musste sich nach kurzem Kampf diesem kleinen Dynamikwunder geschlagen geben. Fast drängte sich mir wieder der Vergleich mit den kleinen englischen Kästchen auf.
BASS
Der Bass ist sauber strukturiert, tendenziell eher schlank, schnell, mit viel Druck insbesondere im mittleren Bereich. Der Tiefbass ist im Vergleich zu der stationären Verstärkung über beispielsweise den QUESTYLE CMA800R, eine Spur weniger markant und reicht so auch nicht unbedingt bis in das 2. Kellergeschoss hinunter. Der EDITION 5 Ltd. ist im Bassbereich sehr anspruchsvoll bezüglich des Spielpartners und neigt bei ungenügender Membrankontrolle zu einer leicht „aufgeblähten“ Wiedergabe. Dies wird seitens des QP1R durch straffe Führung mit relativ hohen Stromreserven wirkungsvoll unterbunden.
GRUNDTON
Der Grundtonbereich ist gut ausgeprägt und bildet die Basis für eine erdige und körperhafte Spielweise. So wird der in der Regel zur Analytik neigende, vom Hersteller verwendete DA-Wandlerchip von Cirrus Logic „entschärft“ und die Wiedergabe „geglättet“. Dies zeigt meiner Meinung nach wieder einmal deutlich, dass die klangliche Abstimmung in erster Linie der analogen Ausgangsstufe geschuldet ist und sehr viel weniger von der Auswahl des Wandlerchips abhängt. Jedenfalls tönt der EDITION 5 Ltd. sehr rund und plastisch und bildet Akteure und Instrumente auch punktgenau ab.
MITTELTON
Der Mitteltonbereich ist sehr gut durchhörbar, erreicht dabei aber nicht ganz die Transparenz und Luftigkeit des großen Bruders. Der QP1R gibt Musik aber mit beeindruckend echt wirkenden Klangfarben von Stimmen und Instrumenten wieder und vermeidet so gekonnt die oft etwas blutleer klingende musikalische Reproduktion vieler anderer mir bekannten DAP.
HOCHTON
Der QUESTYLE QP1R klingt im Hochton homogen mit sehr guter Detailarbeit und feinem Auflösungsvermögen. Manch einer mag im Superhochtonbereich möglicherweise die allerfeinsten, finalen Aufdröselungen vermissen. Dies ist aber überhaupt nur bei entsprechendem Kopfhörermaterial, wie beispielsweise dem ULTRASONE EDITION 5 Ltd. vernehmbar. Oder eben auch nicht vernehmbar…die Wiedergabe von Mikrodetails gelingt dem stationären CMA800R jedenfalls etwas akkurater. Im Gegenzug verwöhnt der QUESTYLE QP1R den Hörer aber mit einem sehr seidigen Hochtonbereich, welcher somit auch nicht zur Schärfe neigt.
RÄUMLICHKEIT
Der QUESTYLE QP1R spielt mit einer beeindruckenden räumlichen Breite und einer durchaus realistischen Tiefenstaffelung auf. Gerade die Letztgenannte stellt für die meisten DAP nämlich ein fundamentales Problem dar. Und trennt somit die Spreu vom Weizen. Denn der QP1R meistert diese Disziplin mit Bravour und steht dem größeren Bruder wieder einmal nur ein klein wenig nach. Der DAP leuchtet in Kombination mit dem ULTRASONE auch kleinste Raumecken aus und verliert auch bei komplexer musikalischer Kost zuordnungstechnisch nicht den Überblick.
Mein Fazit
Ganz sicher sind auf dem Markt zwischenzeitlich bedientechnisch ausgereiftere DAP verfügbar. Mit Touchscreen, WLAN-Anbindung, Wecker und auf Hochglanz gebürstetem Aluminium Finish.
Dagegen wirkt der QUESTYLE geradezu altmodisch. Oder auch konservativ. Sei es drum. Denn das sind die HIGH END-Pretiosen von der britischen Insel bis heute. Trotzdem besitzen sie gerade deshalb meiner Meinung nach viel Charme. Und auch deshalb habe ich mir den QP1R zugelegt. Zu einem durchaus fairen Kurs von 899,- Euronen (899,- $). Tendenz steigend. Garantiert.
Die Schwächen im Bedienkonzept verzeihe ich dem Kleinen gerne. Denn der QP1R ist ein klangliches Juwel mit gefühlter Panzerschrank-Verarbeitung. Selten hat für mich ein DAP so „erwachsen“ geklungen. Mit seiner schnellen und dynamischen Wiedergabe spielt er bei (selbstverständlich moderaten) Abhörlautstärken schon gefährlich nahe an den etablierten stationären KHV.
Mit der patentierten „Current-Mode“ Technologie treibt der QP1R zudem nahezu jeden auf dem Markt erhältlichen Kopfhörer Impedanz-unabhängig auch bis zu höheren Pegeln an. Wobei dies bei mir als bekennendem Leisehörer natürlich immer relativ zu bewerten ist. Dicke Empfehlung also von meiner Seite.
Euer Fidelio