Heute möchte ich euch den brandneuen AUDEZE SINE DX vorstellen. Es handelt sich hierbei um die offene Version des bereits länger im Handel erhältlichen Closed-Back Kopfhörers der Kalifornier – den bekannten SINE. Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle wieder einmal bei Carsten Hicking vom deutschen AUDEZE Vertrieb für die schnelle und problemlose Bereitstellung des Test-Kopfhörers.
Sicherlich könnte man sich nun trefflich über die Sinnhaftigkeit eines offenen UND mobilen On-Ear Kopfhörers streiten. Angeblich haben insbesondere die amerikanischen Kunden diese Variante aber vehement eingefordert. Nun ja, überprüfen lässt sich dies eh nicht. Jedenfalls ist die offene Neuauflage des vielgelobten und geschlossenen SINE produktionstechnisch bereits jetzt schon auf eine feste Stückzahl limitiert. Die Amerikaner werden wahrscheinlich schon wissen warum.
Aber meines Erachtens bietet gerade diese Art der transparenten Wiedergabe im mobilen Betrieb durchaus ihre Vorteile. Zumal es sich bei dem SINE DX auch eigentlich eher um einen halboffenen Kopfhörer handelt. Dazu aber später mehr.
In ruhigeren Umgebungen wie im Hotelzimmer oder bei eher beschaulichen Waldspaziergängen ziehe ich ohnehin grundsätzlich die wesentlich resonanz- und verfärbungsfreiere Reproduktion von Musik über offene Systeme vor. Aber auch in urbanen Gefilden sollte der gemeine „Kopf-Hörer“ einen gewissen Sicherheitsaspekt nicht ignorieren, wenn er sich gänzlich abgeschottet von der Außenwelt seinen musikalischen Schätzchen hingibt und dabei das Verkehrsgeschehen völlig lautlos und unbemerkt an ihm vorbei gleitet. Oder gegebenenfalls eben auch nicht.
Und sollte ich einmal tatsächlich auf eine musikalische Abschottung zwingend angewiesen sein, beispielsweise bei den wöchentlichen Reinigungsorgien meiner Frau, greife ich in diesem Notfall sowieso lieber zu den kleinen Ohrstöpseln.
Zumindest verspricht aber die extrem niedrige Impedanz des SINE DX von lediglich 18 Ohm bei einer recht hohen Empfindlichkeit von 102 db/mW und einem maximal möglichen Schalldruck von 120 db (SPL) die erfolgreiche Kombination mit beinahe jedem beliebigen Spielpartner. Selbst an einem Smartphone lassen sich nahezu verzerrungsfrei auch hohe Pegel anwählen. Also in der Tat sehr mobil-freundlich.
Ausstattung & Verarbeitung
Geliefert wird der AUDEZE SINE DX in einer schwarzen Aufbewahrungsbox, der magnetostatische Kopfhörer selbst ist dabei in grauem Schaumstoff sicher eingebettet. Unterhalb dieser Einlage befinden sich in einer weiteren Kartonage Bedienungsanleitung und Garantiekarte und ein 1,20 m langes Anschlusskabel mit 3,5 mm Klinkenstecker nebst dem entsprechenden Adapter auf 6,3 mm. Eine CIPHER-Kabellösung ist beim neuen DX anscheinend nicht vorgesehen. Laut Aussage des Herstellers kann das entsprechende Kabel des geschlossenen SINE aber auch für den offenen KH verwendet werden. Die Ausstattungsliste wird komplettiert durch eine samtweiche Transporttasche für das flach zusammenfaltbare Kleinod.
Der AUDEZE SINE ist absolut tadellos verarbeitet. Während die ältere LCD-Serie einen gewissen rustikalen Charme nicht verleugnen kann, merkt man den neueren AUDEZE Produkten eine hohe Professionalität an. Der in Zusammenarbeit mit BMW-Designworks entwickelte Kopfhörer gefällt durch ein ansprechendes und modernes Design und überzeugt vor allem durch hochwertige Materialien und die weitgehende Abwesenheit von Kunststoff.
Der mit Leder bezogene Kopfbügel sowie die seitlichen Führungsschienen zur Verstellung der Kopfweite, welche sich zudem mit satter Haptik präzise verschieben lasssen, wie auch die Treibergehäuse sind aus schwarz eingefärbtem und hochwertigem Aluminium gefertigt. Lediglich die äußeren, grillförmigen Schutzgitter bestehen aus schwarzem Kunststoff.
Die Kabel sind über versenkte 2,5 mm Klinkenbuchsen selbstverständlich steckbar und einfach auszutauschen. Die mitgelieferte Zuführung ist im Übrigen gummiert und vermeidet dadurch mikrofonische Effekte. Die Kabellänge ist für den mobilen Einsatz ausreichend lang bemessen. Allerdings vermisse ich ausstattungsseitig ein zweites Kabel für den Einsatz auch in den heimischen vier Wänden, beispielsweise in 2,5 – 3 m Länge.
Tragekomfort
Wie bei der geschlossenen Variante liegen die Lederpolster direkt auf den Ohren auf. Der Anpressdruck ist für mein Empfinden dabei aber, wie schon beim SINE, leider wiederum zu hoch gewählt. Auch benötigen die Polster einige Zeit, um ihre Betriebstemperatur zu erreichen und sich in Folge besser an die Ohren anzuschmiegen. Zumindest ein bombenfester Sitz bei mobilen Einsätzen ist dadurch aber jederzeit garantiert.
Je nach Kopfgröße und Ohrform könnte die Langzeittauglichkeit bei einigen Trägern, so wie auch bei meiner Wenigkeit, zumindest leicht eingeschränkt sein. Potentielle Interessenten sollten diese Tatsache gegebenenfalls berücksichtigen und die Passform möglichst schon im Vorfeld persönlich austesten.
Erfreulich ist dagegen das relativ niedrige Gewicht von nur 290 Gramm. Somit spart der KH sogar 30 Gramm Gewicht im Vergleich zu seinem geschlossenen Bruder ein. Obwohl die Mitbewerber der dynamischen Fraktion das sicherlich noch etwas leichter hinbekommen. Der massive Materialeinsatz fordert eben seinen Tribut…
Technik
Die kalifornische Kopfhörerschmiede hat an hauseigenen Patenten wohl alles in ihren neuen SINE DX reingepackt, was in diesem Preissegment technisch möglich war. Die ultradünnen Uniforce-Membranfolien werden flankiert von hocheffizienten Fluxor-Magneten und Fazor Elementen für eine homogenere Verteilung der Schallwellen.
Außerdem kommen hier auch erstmals die neuen N50 Neodym-Magneten mit einer erhöhten Flussdichte zum Einsatz. Die extrem leichten Folienmembranen mit den Maßen 70 x 80 mm sind im Vergleich zu der geschlossenen Version dagegen identisch. Weitere Informationen zum neuen On Ear Kopfhörer der Amerikaner erhaltet ihr natürlich auch auf: <a href=“https://www.audeze.com/products/sine…back-headphone“>https://www.audeze.com/products/sine…back-headphone</a>
Vorbereitung
Da der SINE DX aufgrund seiner technischen Voraussetzungen bei der Auswahl seiner Spielpartner nicht sonderlich anspruchsvoll agiert, fällt meine Wahl für diesen Test auf den CHORD MOJO, welcher über mein iPHONE 7+ mit dem zwingend notwendigen Camera Connection Kit und einem AUDIOQUEST CINNAMON USB Kabel den digitalen Kontakt aufnimmt. Für erste mobile Klangeindrücke sollte wohl eine profane iTUNES-Bibliothek mit MP4 und ALAC Files ausreichen…
In einem späteren Schritt wird der MOJO aber natürlich auch mit komplexerer Kost gespeist – ich verbinde den AUDEZE in Folge nämlich mit einem Vorserienmodell des brandneuen QUESTYLE QP2R, welcher übrigens in wenigen Wochen im Handel erhältlich sein wird. Der Kontakt wird über ein optisches Kabel der Marke INAKUSTIK hergestellt.
Der kleine CHORD ist interessanterweise in der Lage, selbst auf diesem Weg zugespielte DSD-Files in hoher Auflösung zu entschlüsseln. Mit solch musikalischem Referenzmaterial beladen, dienen mir wieder einmal die üblichen Verdächtigen aus Klassik, Pop, Rock und Jazz zu einer ausführlicheren Beurteilung am heimischen Arbeitstisch.
Klangtest
Spätestens bei der klanglichen Beurteilung wird mir schnell klar, warum eine offene Variante des SINE von der amerikanischen Fan-Gemeinde gewünscht wurde. Denn der SINE DX klingt eindeutig besser als der geschlossene Bruder.
Der Bassbereich wirkt in Kombination mit dem CHORD MOJO ganz unabhängig von gewählten Musikmaterial jederzeit schnell, trocken, konturiert und extrem druckvoll. Und wichtig – ohne störende Resonanzen wie gelegentlich das geschlossene Pendant. Selbst im Tiefbassbereich spielt der SINE DX weit über seine Preisklasse hinaus. Diese Vorstellung ist nicht nur für einen On-Ear Kopfhörer beeindruckend.
Der Grundton besitzt dabei jederzeit genügend Substanz und bildet eine verlässliche Basis für den klangfarbenstarken und sehr natürlichen Mitteltonbereich. Stimmen und Instrumente werden außergewöhnlich plastisch und dreidimensional dargestellt und erhalten dadurch eine überzeugende Glaubwürdigkeit. Der Hochtonbereich wirkt typisch für die Marke AUDEZE leicht gesoftet, wenngleich aber mit einem sehr feinen Auflösungsvermögen versehen.
Der SINE DX entfaltet aber in allererster Linie eine erstaunliche Dynamik. Der AUDEZE glänzt mit schier unbändiger Spielfreude, speziell Live-Konzerte bereiten emotional somit viel Vergnügen. Mit ähnlichen klanglichen Eigenschaften imponierte bereits der geschlossene SINE seine Fans. Allerdings war dies leider oft verbunden mit mehr oder weniger deutlichen Verfärbungen, insbesondere im Mitteltonbereich.
Dies ist nun bei dem offenen DX nicht mehr zu befürchten, obschon auch er die mittleren Frequenzen minimal präferiert, ohne dabei aber zu vordergründig zu wirken. Insgesamt also eine hervorragende klangliche Vorstellung des neuen Flächenstrahlers von AUDEZE.
Doch wo Licht, da ist bekanntlich auch (ein wenig) Schatten. Die räumliche Ausdehnung in Breite und Tiefe lässt bauartbedingt dann doch ein wenig zu wünschen übrig. Zumindest, wenn man einen offenen Over-Ear Kopfhörer in derselben Preisklasse, wie beispielsweise den AUDIOQUEST NIGHHAWK als Maßstab heranzieht.
Denn die relativ starke akustische Bedämpfung der Treibermembranen des SINE DX bietet zwar klare Vorteile in der mobil-optimierten Geräuschdämmung nach Innen und Außen, geht aber etwas zu Lasten der Transparenz. Die also eher semi-offene Auslegung des Kopfhörers vermeidet zwar gekonnt Resonanzen innerhalb des Treibersystems, aber gleichsam werden Raumartefakte und Nachhallfahnen zu schnell ausgeblendet, wodurch die Raumgröße somit leicht komprimiert wirkt.
Der AUDEZE SINE DX profitiert im Übrigen, wie nahezu alle Magnetostaten, in erheblichem Maße von einer ausgiebigen Einspielzeit. Ich konnte diesen Effekt in regelmäßigen Abständen von 20, 50 und schlussendlich über 100 Stunden verifizieren. Der SINE DX spielte nach über 150 Stunden deutlich artikulierter und freier mit einer erweiterten Bühnendarstellung auf.
Mein Fazit
Der AUDEZE SINE DX wird in Deutschland zu einem offiziellen Verkaufspreis von 649,- Euro angeboten. Er liegt somit genau 100,- Euro über der Offerte für den Closed Back. Ob der neue AUDEZE diesen Mehrpreis wirklich Wert ist?
Nun, aus rein klanglicher Sicht ja. Meines Erachtens ist der SINE DX in der Summe seiner akustischen und praktischen Eigenschaften zusammen mit dem iSINE20 der wahrscheinlich beste Kopfhörer der Kalifornier unter 1.000 Euro. Wer also mit den In-Ear’s grundsätzlich nicht viel anfangen kann, sollte sich den SINE DX vielleicht einmal etwas genauer anschauen. Zumal er bei mobilem Einsatz auch eine recht passable Abschottung vor Umgebungsgeräuschen bietet.
Preisbewusst orientierte Zeitgenossen werden sich höchstwahrscheinlich dennoch eher für den geschlossenen SINE, im Idealfall dann auch mit der CIPHER-Kabelvariante (Aufpreis 50,- €) entscheiden. Audiophile Geniesser wählen allerdings den vorzüglichen und mobilen Bonsai-LCDX – den AUDEZE SINE DX. Meine persönliche Empfehlung.
Euer Fidelio