Von allen Möglichkeiten, meine Musik über Kopfhörer zu genießen, ist mir die Wiedergabe über die kleinen Ohrstöpsel, auch In-Ears genannt, die Unliebsamste.
Denn zum einen üben die kleinen Zwerge meist einen unangenehmen Druck auf mein Innenohr aus, zumindest dann, wenn ein druckvolles Bassfundament gewünscht und demzufolge ein absolut dichter Abschluss im Gehörgang erforderlich ist. Zum anderen spielt sich das musikalische Geschehen tatsächlich weitgehend im Kopf ab. Zwar sind die entsprechenden Spitzenmodelle inzwischen in der Lage, einen gewissen räumlichen Eindruck beim Zuhörer zu generieren, dennoch kann ich mich nie ganz des Eindrucks von akuter Klaustrophobie erwehren.
Ähnlich wie auch bei vielen geschlossenen On- und Over-Ear Kopfhörern spielen die kleinen Knöpfchen für mich irgendwie in einem eigens geschaffenen „Musikbiotop“ mit vordefinierten (Raum-) Grenzen. Und obwohl ich eine nicht unerhebliche Anzahl der verschiedensten Kopfhörer mein Eigen nenne, befindet sich inzwischen nur noch ein einziges Stöpselpärchen in meinem Besitz. Der somit zum tristen Single-Dasein verurteilte ULTRASONE TIO dient mir zudem lediglich als mobiler „Notnagel“ bei sportlichen Outdoor-Aktivitäten.
Damit ihr mich jetzt nicht falsch versteht. Ich habe es in der Vergangenheit wirklich versucht. Und den kleinen Zwergen mehrfach genügend Chancen eingeräumt. ULTRASONE IQ, SENNHEISER IE800, AKG3003, alles zweifellos sehr gute und feingeistige Ohrhörer. Und ganz sicher die praktischste Option, sich seiner musikalischen Schätzchen unter audiophilen Gesichtspunkten auch mobil zu erfreuen.
Dennoch erhielt mein GRADO GH1 unterwegs stets den Vorzug vor den Knöpfen, trotz des negativen Aspektes der zwangsläufig offenen Wiedergabe und der damit verbundenen miserablen akustischen Isolierung. Die für mich wesentlich authentischere Reproduktion jeglicher Musiksparten gab aber jederzeit den maßgeblichen Ausschlag zugunsten des kleinen aber feinen GRADO Kopfhörers.
Bis ich im September 2016 auf der CANJAM von Carsten Hicking vom deutschen AUDEZE Vertrieb sehr freundlich „genötigt“ wurde, mir den Prototypen eines völlig neuen In-Ear Konzeptes des amerikanischen Herstellers näher zu Gemüte zu führen. Es handelte sich dabei offensichtlich um den ersten magnetostatischen Flächenstrahler im Bonsai-Format. Mein Interesse war zumindest geweckt.
Denn kurz zuvor hatte ich mir auf dem Messestand der Firma SHURE den neuen elektrostatischen In-Ear Kopfhörer KSE1500 angehört und war ob seiner hohen Impulstreue, des herausragenden Timings und der exorbitanten Feindynamik schon schwer beeindruckt gewesen. Nur der aufgerufene Endverbraucherpreis von 3.000,- € in Kombination mit dem für die ausreichende Versorgungsspannung benötigten Spielpartner, dämpfte meinen Enthusiasmus dann doch leider nachhaltig.
Um so erfreulicher mutete das voraussichtliche Preisschild von 449,- € für den iSINE10 getauften Kopfhörerknirps von AUDEZE an. Leider ließ der nicht ganz unerhebliche Lärmpegel in den Ausstellungshallen der CANJAM eine wirklich aussagekräftige Beurteilung der klanglichen Fähigkeiten des kleinen Kopfhörers nicht zu. Auch der damalige Tragekomfort war aufgrund der provisorischen Befestigung der entsprechenden Haltebügel noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber dennoch machten auch bereits wenige Hörminuten schon Lust auf mehr. Denn das Klangbild entsprach in keinster Weise meiner Vorstellung eines typischen In-Ear Hörers. Glücklicherweise. Denn der AUDEZE iSINE10 musizierte ungewöhnlich offen, transparent und luftig.
Zwischenzeitlich sind einige Monate ins Land gegangen und die AUDEZE Marktstrategen haben dem i-SINE10 einen größeren Bruder, sinnigerweise mit der Bezeichnung iSINE20, zur Seite gestellt. Und Carsten hat mir hier und heute freundlicherweise die beiden wirklich brandneuen AUDEZE ’s, welche erst vor einigen Tagen direkt aus den USA eingetroffen sind, für einen ersten exklusiven Test in unserem Forum zur Verfügung gestellt. Noch einmal vielen herzlichen Dank dafür.
Wo soll ich nun beginnen? Vielleicht mit einer Erkenntnis. Glücklich ist derjenige, welcher sich seine Testobjekte selber aussuchen kann. Denn im Gegensatz zu professionellen Redakteuren der wohlbekannten HIFI-Standespresse, rezensiere ich natürlich nur Gerätschaften, die mir bereits schon im Vorfeld zusagen. Zum Beispiel aufgrund von Hörproben auf den entsprechenden Messen oder auch bei Freunden. Und vor allem – welche ich mir gegebenenfalls auch selbst zulegen würde.
Verpackung & Ausstattung
Und los geht’s. Beide iSINE ’s von AUDEZE werden in einer mit Karton bewehrten festen Kunststoffverpackung mit magnetischem Verschluss und transparentem Deckel ausgeliefert. Das Auspacken gestaltet sich dabei relativ kurzweilig. Die Kopfhörer selbst sind in passgenauem Schaumstoff geschützt eingebettet, das mitgelieferte Zubehör befindet sich in einer kleinen Tasche aus einem Nylongewebe und ist mehr als reichhaltig.
Im Lieferumfang befinden sich neben den beiden In-Ears zwei unterschiedliche Kabelverbindungen in beidseitig steckbarer Ausführung. Das Eine mit einem 3.5 mm Klinkenstecker versehen und ohne die Möglichkeit einer Fernbedienung, das Andere in der AUDEZE eigenen CIPHER-Variante und ausgestattet mit einer kabelinternen, umfangreichen „Schaltzentrale“. Allerdings nur für Besitzer von Smartphones der Marke APPLE. Android-User müssen sich mit der einfacheren Kabelversion begnügen. Und dies ist tatsächlich einer der wenigen Nachteile eines ansonsten überragenden Konzeptes. Aber dazu später mehr.
Weiter beigepackt sind 3 verschieden große Silikon-Passstücke für die Gehörgänge sowie jeweils 2 x 2 Ohrbügel aus schwarzem, bzw. transparentem Kunststoff. Es können aber ebenso wahlweise 2 x 2 innenliegende, sogenannte „Silicon-Ear-Locks“ eingesetzt werden, wenn einem die über den Ohren geführte Lösung nicht unbedingt zusagt. Die Ausstattung wird komplettiert durch einen USB-Stick, welcher die entsprechende Bedienungsanleitung enthält, einen Ansteckclip, welcher das Kabel unterwegs fixiert, sowie eine kleine Reinigungsbürste für die Kopfhörer.
Verarbeitung & Tragekomfort
Die von BMW-Designworks entworfenen und in den USA von AUDEZE produzierten Bonsai-Magnetostaten sind erwartungsgemäß sehr gut und professionell verarbeitet. Die Form ist dabei sehr außergewöhnlich und erinnert ein wenig an die Tie-Fighter Optik aus den STAR-WARS Filmen. Trotz der für In-Ears etwas ausladenden Maße sind die kleinen Flächenstrahler mit lediglich 20 Gramm relativ leicht geraten. Dies ist aber selbstverständlich auch dem hohen Kunststoffanteil geschuldet. Der iSINE10 ist schwarz, der iSINE20 in einem Kupferton eingefärbt und mit einem silbernen bzw. goldenen AUDEZE Aufdruck versehen. Weiterhin lassen sich die Silikon-Tips auf einfache Art und Weise wechseln, alle oben genannten Bügel rasten zudem passgenau auf der Innenseite der KH ein.
Der Tragekomfort nun könnte den entscheidenden Ausschlag für das PRO oder CONTRA bezüglich dieser Art von Kopfhörer geben. Für mich persönlich ist dies tatsächlich der erste In-Ear, welcher mir beim Tragen überhaupt keine Schwierigkeiten bereitet.
Warum? Nun, zum einen können die Silikon Passformen in der jeweilig richtigen Größe relativ locker (!) in die Gehörgänge eingesetzt werden, ohne klangliche Nachteile befürchten zu müssen. Nach ein paar Minuten verschwinden die kleinen Stöpsel deshalb gefühlsmäßig nahezu vollständig aus meinem Fokus. Zum anderen bereiten die von mir präferierten, über dem Außenohr geführten Bügel keinerlei Probleme. Diese lassen sich in gewissen Grenzen positionell sogar an die jeweilige Ohrform anpassen. Dennoch empfehle ich jedem Interessenten, vor einer potentiellen Bestellung der iSINE Kopfhörer, diese Punkte unbedingt abzuklären. Zumal die Treibergehäuse auch in einigen Fällen, jeweils abhängig von Form und Größe, den inneren Teil der Ohrmuschel berühren und dies empfindliche Gemüter stören könnte. Meine Frau (…mit natürlich etwas zierlicheren Öhrchen) fand jedenfalls keinen großen Gefallen an meiner Lösung und bevorzugte eher die innenliegenden Silikon-Formstücke. Welche bei mir leider gar keinen Halt fanden.
Technik
Endlich. Neue Kopfhörer mit ungewöhnlich innovativen Lösungen in einem bezahlbaren Bereich. Denn die kleinen Magnetostaten haben es technisch faustdick hinter den Ohren. Der amerikanische Hersteller hat nahezu alle bereits bewährten Lösungen und Patente der größeren Modelle in den neuen kleinen In-Ears zusammengefasst. Hauchdünne, 30 mm große Uniforce-Diaphragmen übertragen über FAZOR „Waveguides“ durch einseitig angeordnete FLUXOR-Magnete mit hoher Flußdichte die musikalischen Informationen in trichterförmige Kanäle, welche schließlich in die Gehörgänge münden. In diesen Trichtern werden über eine von AUDEZE nicht näher kommentierte Konstruktion scheinbar Phasenkorrekturen vorgenommen. So sind beispielsweise kleine konische Stifte, ähnlich wie den von einigen Lautsprecherchassis bekannten Phase-Plugs, bei Abnahme der Ohrpassstücke sehr gut zu erkennen.
Durch die offene Struktur dieser Konstruktion gelangen auch Außengeräusche leicht gedämpft an das Innenohr. Umgekehrt isolieren die iSINE Kopfhörer auch nur bedingt die musikalische Wiedergabe nach Außen. Allerdings ist die Schalldämpfung manch eines geschlossenen Kopfhörers auch nicht immer besser. Die „Leakage“ bleibt in jedem Fall überschaubar. Also mit kleinen Einschränkungen durchaus Schlafzimmer tauglich.
Ein weiteres Highlight ist natürlich das CIPHER-Kabel. Der Hersteller hat hier ein eigens auf die AUDEZE In-Ears abgestimmtes DSP integriert, ein ebenfalls implementierter 24-bit HighRes-Chip übernimmt die Digital-Analog-Wandlung der sensiblen musikalischen Informationen, ein miniaturisierter Class D Verstärkerzweig hebt die dynamischen Möglichkeiten auf ein mehr als akzeptables Niveau. Zumal die beiden iSINE Zwerge mit einer Impedanz von 16 beziehungsweise 24 Ohm den antreibenden Spielpartner auch vor keine allzu große Aufgabe stellen. Wen hier tatsächlich nach höheren Pegeln dürstet, der frisst auch kleine Kinder.
Im Grunde genommen erwirbt man eine perfekt aufeinander abgestimmte Kombination aus spezifischem DSP, DA-Wandler, Verstärker und Kopfhörer. Eine intelligente Applikation zur digitalen Entzerrung mittels Equalizer kann übrigens kostenlos im APPLE-Store auf das Smartphone geladen werden. Dies relativiert den Kaufpreis noch einmal zusätzlich. Zumal das klangliche Endergebnis schlussendlich alle meine Erwartungen übertrifft.
Vorbereitung
Die Kopfhörer sind natürlich primär für den mobilen Einsatz ausgelegt, wie bereits erwähnt vorzugsweise direkt an Smartphones der Marke APPLE. Selbstverständlich kann aber auch auf jede andere Signalquelle, welche sich ebenfalls (so ganz nebenbei) zum Telefonieren eignet, zurückgegriffen werden. Allerdings mit erheblichen klanglichen Einbußen und natürlich leistungsmäßigen Einschränkungen bezüglich der maximal erzielbaren Lautstärke verbunden.
Als adäquatere Spielpartner eignen sich in jedem Fall digitale Audio Player (DAP), welche zudem eine dynamischere Verstärkung ermöglichen. Für meine Rezension entschloss ich mich deshalb, die AUDEZE iSINE In-Ears sowohl in der Kombination CIPHER Kabel + iPHONE7, als auch mit meinem QUESTYLE QP1R auf den Zahn zu fühlen. Um die klanglichen Grenzen vollständig auszuloten, erhielten die beiden Zwerge aber zusätzlich auch ein paar Stunden Spielzeit an meinem QUESTYLE CMA800R. Beide AUDEZE ’s wurden vor diesem Test selbstverständlich ca. 40 Stunden eingespielt. Für die musikalische Kost sorgten wie immer die üblichen Verdächtigen aus Klassik, Pop, Jazz und Rock.
Klangtest
Die erste Kontaktaufnahme ist zunächst geprägt durch ein längeres Zelebrieren der kopftechnischen Anpassung. Siehe oben. Ist diese Hürde erst einmal erfolgreich gemeistert – Bügel- und Passstückauswahl, Positionierung der Treibergehäuse etc. – steht einem völlig neuen Hörerlebnis endlich nichts mehr im Wege.
Denn obwohl ich gerade in den letzten beiden Jahren sehr, sehr viele Kopfhörer in den unterschiedlichsten preislichen Regionen gehört, getestet und rezensiert habe, hebt sich der iSINE10 bereits nach wenigen Hörminuten deutlich und wohltuend vom Rest der Zwergenwelt ab. Ich für meinen Teil prognostiziere diesem innovativen Konzept jedenfalls eine große Zukunft im audiophilen Kopfhörermarkt.
Um es kurz zu machen. Dieser kleine Kopfhörer klingt absolut phänomenal und spielt weit über seine Preisklasse hinaus. Den AUDEZE iSINE10 mit herkömmlichen In-Ears zu vergleichen macht insofern keinen Sinn, als das die einzige Gemeinsamkeit tatsächlich darin besteht, sich die Knöpfe in die Gehörgänge einzuführen. Kein bislang von mir gehörter Ohrhörer kann mit dieser unglaublich offenen Wiedergabe aufwarten, verbunden mit einer für In-Ears völlig untypischen Räumlichkeit. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man unwillkürlich auf einen guten Over-Ear-Magnetostaten tippen.
Auch der wirklich famose AUDEZE SINE, für mich der zurzeit beste geschlossene On-Ear-Kopfhörer unter 1.000 €, reicht an diese Transparenz der iSINE Modelle nicht annährend heran. Zu der weiträumigen Wiedergabe gesellt sich eine superbe Grob- und Feindynamik. Natürlich verbunden mit der AUDEZE typischen Klangsignatur. Das gesamte Frequenzspektrum wird zudem sehr neutral und ausgewogen reproduziert, ohne einzelne Bereiche besonders zu präferieren.
Der Bassbereich, eine große Stärke aller magnetostatischen Flächenstrahler, ist natürlich auch eine Paradedisziplin des iSINE10. Kein Wunder bei einer Membran mit einem Durchmesser von 30 mm, welche in unmittelbarer Nähe zum Innenohr positioniert ist und über den angrenzenden, schallführenden Trichter die musikalischen Informationen direkt und nahezu verlustfrei in selbiges pustet. Der Bass ist trocken, druckvoll, schnell, reicht relativ tief hinab und weist dabei eine hohe Impulstreue auf.
Der Mitteltonbereich, welcher bereits der LCD-Serie zu einem legendären Status bei allen Liebhabern der Marke verhalf, ist präsent, auch manchmal leicht dominant und steht den größeren Modellen nur unwesentlich nach. Besonders Stimmen und Instrumente besitzen Kraft, Korpus und insbesondere den für AUDEZE Kopfhörer repräsentativen „Schmelz“.
Der Hochtonbereich wirkt wie üblich bei allen Hörern der Marke leicht zurückgenommen, ist aber dennoch fein aufgelöst. Die Höhen fügen sich dadurch bedingt allerdings ohne erkennbare Spitzen sehr harmonisch und ohne jeglichen Hang zur Analytik in das musikalische Gefüge ein.
Insgesamt also eine überragende Vorstellung des iSINE10. Die bisherige klangliche Beurteilung basiert dabei auf der Kombination mit meinem QUESTYLE CMA800R Referenzverstärker. Aber wie schlägt sich der kleine AUDEZE jetzt mit einem mobilen DAP oder gar dem hauseigenen CIPHER-Kabel?
Interessanterweise nicht wesentlich schlechter. Mit dem kleineren QP1R schrumpft erwartungsgemäß die Raumgröße ein wenig zusammen, der iSINE10 verliert auch leicht an „Durchschlagskraft“. Die Separation einzelner musikalischer Elemente könnte für meinen Geschmack ebenfalls noch etwas exakter und definierter ausfallen. Diese Veränderungen sind allerdings eher subtiler Natur und verändern keinesfalls die gesamte klangliche Kohärenz. Der AUDEZE spielt auch zusammen mit dem kleinen QUESTYLE auf einem sehr hohen musikalischen Niveau.
Die Kombination mit dem CIPHER-Kabel stellt für mich schließlich die eigentliche Überraschung dar. Wie schon bei meinem Test des AUDEZE SINE im Frühjahr letzten Jahres, attestiere ich der spezifischen Entzerrung der CIPHER-Komponenten einen sehr hohen technologischen Standard.
Im direkten Vergleich zum QUESTYLE QP1R mit dem 3,5 mm Standardkabel verbessert sich nach meinem subjektiven Empfinden mit dem CIPHER-Kabelsatz in Kombination mit dem iPHONE7 die räumliche Zuordnung, aber auch das Auflösungsvermögen im Mittel- und Hochtonbereich gewinnt leicht hinzu. Tonal spielt der iSINE10 in Verbindung mit dem neuen kabelseitigen Spielpartner insgesamt etwas heller auf, ist aber dennoch jederzeit als AUDEZE Kopfhörer zu identifizieren. Allerdings geht im direkten Vergleich mit dem QP1R ein klein wenig „analoges Feeling“ verloren. Dieses Ergebnis hatte ich so dennoch nicht unbedingt erwartet.
Der Hersteller liefert aber auch direkt die entsprechende Erklärung dazu. Die im CIPHER-Kabel integrierten elektronischen Komponenten wurden bereits in der Entwicklungsphase der neuen iSINE Modelle systematisch über fest definierte Settings im DSP auf die Frequenzverläufe der Kopfhörer optimiert, um so die von den Entwicklern gewünschte Klangsignatur jederzeit zu gewährleisten. Über die AUDEZE Applikation auf dem Smartphone kann außerdem der Klang dem persönlichen Geschmack angepasst werden. Einfach genial.
Klangtest 2.0
Nach dieser überzeugenden Vorstellung war ich selbstverständlich gespannt und meine Erwartungshaltung entsprechend hoch, wie sich der Größere der beiden AUDEZE Kopfhörer schlagen würde. Immerhin wird für den iSINE20 bei einer UPE von 649,- € ein um fast 50% höherer Verkaufspreis aufgerufen.
AUDEZE rechtfertigt diesen durch eine Fülle von Detailänderungen, welche dem iSINE20 eine nochmals gesteigerte Dynamik, einen erweiterten Tiefbassbereich, plastischere Mitten, eine bessere Ortbarkeit sowie ein höheres Auflösungsvermögen im Hochtonbereich verleihen sollen. Und was soll ich dazu sagen? Genau so ist es.
Der Hersteller schweigt sich im Übrigen über die genauen technischen Modifikationen leider weitgehend aus, abgesehen von den längeren Leiterbahnen, welche die Impedanz auf 24 Ohm anheben. Aber egal, den Zuhörer (also mich) interessiert in erster Linie nur das klangliche Ergebnis. Und dieses ist noch einmal eine ganze Klasse über dem kleineren Modell angesiedelt.
Um die klanglichen Unterschiede zu verdeutlichen, möchte ich eine kleine Analogie bemühen. Wenn man die beiden Bonsai-Magnetostaten mit der hauseigenen LCD-Serie vergleichen würde, entspräche der iSINE10 im Grunde einem LCD2, während der ISINE20 eher ähnlich dem größeren LCD3 aufspielt. Auch tonal trifft diese Gegenüberstellung weitgehend zu. Denn der größere AUDEZE In-Ear ist ebenfalls etwas dunkler abgestimmt und besitzt ein leicht wärmeres Timbre. Der Übergang zum fein ziselierten Hochtonbereich ist aber ebenso bruchlos wie beim kleineren Bruder, der Kopfhörer glänzt mit einer hervorragend austarierten klanglichen Balance und einem sehr guten musikalischen Fluss.
Bemerkenswert für mich ist die herausragende Separation der musikalischen Ereignisse im Raum, insbesondere für einen In-Ear-Kopfhörer. Die Fokussierung von Stimmen und Instrumenten gelingt dem iSINE20 auch etwas exakter als dem kleineren Modell. Diese werden zudem im „richtigeren“ Größenverhältnis zueinander abgebildet. Dadurch gewinnt die Wiedergabe deutlich an Authentizität.
Die Breiten- und vor allem die Tiefenstaffelung ist jedenfalls derart beeindruckend, dass ich tatsächlich meinen SENNHEISER HD800S für einen kurzen Quercheck heranziehen musste, um die räumlichen Grenzen des iSINE20 auszuloten und den Zwerg dann doch wieder einzunorden. Allerdings sollte man sich aber jetzt fairerweise noch einmal vor Augen führen, dass der SENNHEISER auch in einer völlig anderen Preisliga spielt.
Mein Fazit
Selten fiel in meinen Rezensionen die Beurteilung von Testgeräten so eindeutig aus. Die neuen AUDEZE iSINE10 & iSINE20 kommen einem eruptiven Aufschlag in den Kopfhörermarkt gleich und sind in ihren Preisklassen zurzeit absolut konkurrenzlos.
Und dies nicht nur bezüglich des großen mobilen und stationären Anwendungsspektrums, sondern gerade auch aufgrund ihrer außergewöhnlichen musikalischen Fähigkeiten. An diesen beiden Kopfhörern werden die Mitbewerber schwer zu beißen haben. Ganz sicher.
In Kombination mit der CIPHER-Kabellösung, welche im Grunde genommen spezifische DSP-Entzerrung, DA-Wandlung und Verstärkung in sich vereinigt, geht insbesondere der iSINE10 in Anbetracht dieser Klangqualität fast schon als Sonderangebot durch. Wer also auf der Suche nach einer durchweg famosen Allzweckwaffe für unter 500,- € ist – bitte sehr. Von mir erhält der iSINE10 in jedem Fall eine unbedingte Empfehlung.
Aber dennoch ist bekanntlich das Bessere der größte Feind des Guten. Das entspanntere Klangbild des iSINE20 trifft dazu genau meinen Nerv. Und er bietet eben genau dieses musikalische „Mehr“, welches zum Beispiel auch einen LCD2 von einem LCD3 unterscheidet. Ein Zwerg wird tatsächlich zum klanglichen Riesen. Beeindruckend. Und aus meiner Sicht natürlich ebenfalls eine klare Empfehlung.
Unter diesen Aspekten erscheint der Aufpreis von 200,- € absolut gesehen dann doch wieder relativ.
Euer Fidelio