RIVIERA AIC10

TEST RIVIERA AIC10

Heute teste ich für euch exklusiv den neuen RIVIERA AIC10. Und um direkt mit der Tür ins Haus zu fallen – dieser Kopfhörerverstärker kostet die nicht ganz unerhebliche Kleinigkeit von 12.800,- Euro. Zuzüglich Mehrwertsteuer.

Und bereits an dieser Stelle werden sich wahrscheinlich schon einige Leser verständnislos abwenden und angesichts dieser preislichen Regionen eher über eine neue Einbauküche nachdenken. Oder sich gegebenenfalls ein neues Motorrad kaufen. Oder vielleicht auch weitere Krügerrandmünzen zur Absicherung im Rentenalter erwerben. Es gibt also sicherlich einige Möglichkeiten, sein sauer erspartes Geld in „nützlichere“ Dinge zu investieren.

Andererseits kann man den Kauf eines Sportwagens auch nicht unbedingt rational begründen. Denn selbstverständlich muss man selbigen nicht besitzen – man will ihn ganz einfach nur haben. Weil es so wunderbar unvernünftig ist. Und der Bauch über den Kopf triumphiert in einer Welt, in der wir den Großteil unserer täglichen Entscheidungen zwangsläufig auf rationaler Ebene treffen müssen. Und der Spaß an den schönen Dingen des Lebens dabei leider oft auf der Strecke bleibt.

Natürlich bereitet eine immense monetäre Investition zu Beginn der mehr oder weniger spontanen Bauchentscheidung mitunter sogar seelische und körperliche Schmerzen. Nach deren gänzlicher Überwindung überwiegt aber letztendlich die Freude an der eigenen Courage. Jeden Morgen. Tag für Tag. Und geht es im Leben eigentlich nicht genau darum? Freude an Dingen zu empfinden, die uns immer wieder aufs Neue begeistern können?

Und damit wäre ich auch schon wieder beim eigentlichen Thema. Denn der RIVIERA AIC10 ist genau eines dieser Dinge. Eine Gerätschaft, welche die Sinne betört. Und die Seele massiert. Und den stolzen Besitzer jeden Abend zufrieden mit seiner getroffenen Kaufentscheidung zu Bett gehen lässt. Ein Kopfhörerverstärker fürs Leben.

Aber alles der Reihe nach. Um ihre Vorstellungen bezüglich einer konsequent audiophilen Klangphilosophie zu verwirklichen, gründeten der Marketingexperte Silvio Delfino und der Chefentwickler Luca Chiomenti im Januar 2017 gemeinsam das Unternehmen RIVIERA AUDIO Laboratories s.r.l. mit Firmensitz in Italien. Dabei bündelt die noch junge italienische Manufaktur allerdings über 30 Jahre Erfahrung im HIGH-END Sektor.

Luca Chiomenti arbeitete nach seinem Studium der Elektrotechnik schon Anfang der 90’ er Jahre mit unterschiedlichen Röhrenschaltungen und konstruierte zunächst automatische und servogesteuerte BIAS-Systeme für Transistorverstärker. Er entwarf spezielle MOSFET Verstärkerlösungen für GALACTRON’s 2000-Serie und leitete die vollständige 1200’er Produktion. Maßgeblich beteiligt an SAP und DOLCE VITA Röhrenverstärkern, führte er unter anderem die Marke KIOM zur Serienreife. Um sich 2017 schließlich ganz den Referenzverstärkern der neuen Marke RIVIERA zuzuwenden.

Silvio Delfino ist bereits seit 1982 in Sachen High-Fidelity aktiv. Er betrieb viele Jahre eine eigene Vertretung für SONUS FABER, CABRE und CHARIO in San Diego und war beratend für MPI Electronic, ALIANTE, GT-Trading und AUDIO TECHNE tätig. Er trug ebenso zur Einführung der KLIPSCH Heritage Serie bei und war beteiligt an der Entwicklung der PALLADIUM Linie. Er verfügt neben seiner langjährigen Tätigkeit als Journalist für italienische HIFI-Magazine, über fundierte Kenntnisse im Bereich des globalen Marketings und zeichnet für den Vertrieb der RIVIERA AUDIO Geräte verantwortlich.

Marco Muzio vervollständigt als Experte für Industriedesign und Rendering für mechanische Anwendungen schließlich das italienische Dream-Team, indem er seine herausragenden gestalterischen Fähigkeiten auf dem Gebiet des Chassisdesigns und einer professionellen produktionstechnischen Umsetzung einbringt.

Denn der ambitionierte Kleinserienhersteller RIVIERA AUDIO verfolgte von Beginn an ein kompromissloses Ziel – absolut authentisch klingende Audiokomponenten für allerhöchste Ansprüche und ohne jegliche monetäre Beschränkungen herzustellen. Und dadurch Leidenschaft und Technologie in perfekten Einklang zu bringen.

Und so trifft auch beim neuen Kopfhörerverstärker RIVIERA AIC10 innovative Elektronikbaukunst auf besten italienischen Stil, wobei hochwertigste Materialien in Laborqualität gleichsam mit exzellentem Handwerk kombiniert werden. Im Übrigen noch einmal vielen Dank an dieser Stelle an Silvio und Luca für die Bereitstellung meines Testmusters!

Verarbeitung & Ausstattung

Alle mechanischen Bauteile des RIVIERA AIC10 werden von italienischen Zulieferern bezogen, welche sich primär auf die Luft- und Raumfahrt sowie auf optische Mechanik spezialisiert haben. Diese im Luftfahrtsektor von Neapel tätigen Unternehmen sind es nach Aussage von Silvio Delfino demzufolge gewohnt, auch kleinste Auflagen mit einer formidablen Qualitätskontrolle zu produzieren.

Was ich nach dem Öffnen des Gehäusedeckels des AIC10 voll und ganz bestätigen kann. Denn der italienische Kopfhörerverstärker ist ausschließlich mit erstklassigen elektronischen Bauteilen versehen, welche zudem äußerst großzügig dimensioniert werden. Die zweiseitigen Leiterplatten werden zum Beispiel mit einer Dicke von 2 mm anstatt 1,6 mm entworfen und besitzen die dreifache Stärke von Kupferspuren. Alle Lötmasken sind transparent und die Platinen werden selbstverständlich rein manuell bestückt.

Die allgemeine Verarbeitungsqualität des AIC10 kann zweifellos, aber auch erwartungsgemäß, nur als absolut überragend bezeichnet werden. Beispielsweise werden die Vorder- und Rückseiten des Kopfhörerverstärkers aus 80 mm massivem Aluminium gefräst und der Markenname sowie die Produktbezeichnung sauber eingraviert. Der anschließende Lackierprozess des Gerätes besteht dabei allein aus 11 verschiedenen Schritten.

Erhältlich ist der RIVIERA übrigens in 2 verschiedenen farblichen Varianten, wobei ich mein anthrazitfarbenes Testexemplar einer ebenfalls lieferbaren champagnerfarbenen Version vorziehen würde. Ist aber natürlich Geschmacksache.

Der AIC10 verfügt über eine unsymmetrische 6,3 mm Klinkenbuchse sowie einen symmetrischen 4-poligen XLR-Anschluß auf der Frontplatte des Kopfhörerverstärkers. Über drei Drehregler in poliertem Aluminium werden die 3 Line-Eingänge und die Kopfhörer/Lautsprecher-Betriebsarten geschaltet. Über den dritten Regelschaltkreis kann die Lautstärke feinfühlig eingestellt werden. Ein Power-Druckschalter komplettiert die Ausstattungsliste auf der Vorderseite.

Rückseitig finden sich neben dem Netzschalter und den entsprechenden Chinchbuchsen zur Eingangswahl, auch eine Anschlussmöglichkeit für ein veritables Lautsprecherpärchen. Und auf Wunsch übermittelt eine rudimentär ausgestattete Fernbedienung aus massivem Aluminium die Befehle des Besitzers bezüglich der gewünschten Lautstärke an ein motorbetriebenes Potentionmeter von ALPS.

Technik

Zwei handgefertigte Transformatoren aus italienischer Fertigung, sowie 5 (!) separate und stabilisierte Netzteile für die verschiedenen Audiosektionen realisieren letztendlich das von den Entwicklern angestrebte Hybriddesign des AIC10. Alle Energiezweige werden überdies über mehrere kleine Kondensatorenschaltungen anstelle der oft verwendeten großen Brüder mit Strom versorgt, wobei selbige auch in unmittelbarer Nähe zu den Leistungstransistoren angeordnet sind. Dies verspricht unter anderem eine extrem schnelle Stromlieferfähigkeit des Kopfhörerverstärkers.

Eine spannungsverstärkende Triodenschaltung im Signalweg bestimmt dabei maßgeblich den Klangcharkter des KHV, die komplementären MOS-FET Ausgangsstufen verhelfen dem RIVIERA zu wahrlich beeindruckenden Leistungsdaten.

Der RIVIERA AIC10 wird vom Hersteller zwar eher konservativ mit einer Leistung von 2 x 10 Watt an 8 Ohm bei 0,2% THD angegeben. Die Impulsleistung liegt allerdings bei schon unglaublichen 30 Watt pro Kanal bei lediglich 1% THD. Demzufolge ist der AIC10 auch in der Lage, wirkungsgradstarke Lautsprecher problemlos anzutreiben und setzt somit selbst als Vollverstärker Zeichen, wovon ich mich bereits auf der Messe in München eingehend überzeugen konnte.

Die Ausgangsimpedanz beträgt darüber hinaus nur 0,4 Ohm. Übliche Schutzschaltungen, welche die Klanqualität negativ beeinflussen könnten, werden bewusst vermieden, der Kopfhörerverstärker operiert zudem ausschließlich im reinen Class-A Betrieb in allen Phasen und grundsätzlich ohne Rückkopplung (Feedback).

Feedback gilt als klassische Methode zur Reduzierung des Klirrfaktors und zur Verbesserung der Schaltungsleistung (THD, IMD, Bandbreite, Rauschen, etc.). Hohe Rückkopplungspegel wirken allerdings als Multiplikator von Obertonwellen höherer Ordnung. Dies bezeichnet Obertöne, welche vom menschlichen Ohr als dissonant empfunden werden. Selbst wenn diese Obertöne höherer Ordnung unter dem Hörpegel liegen, wird ein Rauschboden generiert, welcher für das menschliche Ohr als unerwünscht wahrgenommen wird.

Studien haben nach Aussage des Entwicklers Luca Chiomenti außerdem die Entstehung von harmonischen Verzerrungen im menschlichen Ohr und speziell in der Cochlea nachgewiesen. Es kann somit ein Spektrum von harmonischen Verzerrungen des eigenen Ohres definiert werden. Die Form der harmonischen Verteilung ist dabei von immanenter Bedeutung – es existiert primär eine hohe Dominanz von Oberwellen niederer Ordnung, mit abnehmendem Spektrum.

Diese Obertonwellen niederer Ordnung, welche das Ohr selbst erzeugt, werden allerdings vom Gehirn erkannt und unterdrückt. Wir nehmen demzufolge nur den reinen und unverfälschten Ton wahr. Sofern dieses Muster beibehalten wird, unterscheiden wir interessanterweise auch nicht, wenn dieselben Obertonwellen äußeren Ursprungs sind.

Aus diesem Grunde operiert der AIC10 laut Luca Chiomenti in einem ähnlichen Verzerrungsspektrum, welcher aufgrund der beschriebenen psychoakusischen Gesichtspunkte selbst bei relativ hohem Klirrfaktor dennoch extrem transparent und unverfälscht klingt.

Dieses Phänomen ist außerdem abhängig vom jeweiligen Druckniveau. Je höher der Schalldruck, desto höher die Obertonwellenverzerrung, welches unser eigenes Ohr erzeugt. Dies führt in der Praxis dazu, Verstärker zu bevorzugen, deren harmonische Verzerrung mit der Ausgangsleistung monoton ansteigt.

Ausgehend von dieser theoretischen Basis hat RIVIERA AUDIO die idealen Eigenschaften für „Human Ear Dedicated“ Verstärker aufgrund einer inzwischen 25 jährigen Erfahrung in der Psychoakustik neu definiert.

Alle RIVIERA AUDIO Verstärker werden deshalb ausschließlich für den Benchmarktest optimiert, bei dem ein tatsächlicher Zusammenhang mit dem Hörerlebnis nachgewiesen werden kann. Das Verzerrungsverhalten bezüglich Amplitude und Frequenz fällt somit nicht zwangsläufig extrem niedrig aus, es folgt aber unbedingt der Form der menschlichen Ohrverzerrung.

Ein „Zero Overall Feedback“ und der minimale Einsatz von lokaler Rückkopplung, wenn absolut unerlässlich, ist nach der langjährigen Erfahrung des Chefingenieurs Luca Chiomenti somit notwendig, um das von RIVIERA AUDIO gewünschte Verzerrungsverhalten zu erreichen. Die Verwendung der Class-A Verstärkung in allen Phasen ist zudem die folgerichtige Konsequenz, wenn eine maximale Linearität erzielt werden soll.

Die Verstärkung der Musiksignale im Hybridmodus ist der nächste logische Schritt. Die Triode ist bekanntermaßen der beste Spannungsverstärker und bietet, meist in einer Single-Ended Konfiguration, eine „natürliche“ Verzerrungsform, welche der von Luca Ciomenti Gewünschten äußerst nahe kommt. Silizium-Bauelemente sind wiederum bestens geeignet, wenn eine möglichst optimale Leistungsabgabe und die Bewältigung niedriger Impedanzen gefordert werden – richtig eingesetzt, können auch MOSFET’s eine sehr gute Verzerrungsform aufweisen. In der gewählten Topologie des AIC10 bestimmen sie auch die gewünschte Ausgangsimpedanz.

Der AIC10 gibt nach Aussage von RIVIERA AUDIO die Musiksignale somit psychoakustisch optimiert und mit allerhöchster Klangtreue, nicht unbedingt für potentielle elektronische Messinstrumente, sondern für das menschliche Ohr wieder. Inwieweit diese zuvor beschriebene theoretische Abhandlung das Hörergebnis tatsächlich beeinflusst, wird der folgende Klangtest aufzeigen.

Weitere interessante Informationen zu diesem Thema erhaltet ihr auch auf den Seiten des Herstellers unter: http://www.rivieralabs.com/en/home-2/

Vorbereitung

Um mir für die Rezension des RIVIERA AIC10 eine möglichst große Bandbreite bezüglich der klanglichen Ausrichtung des Kopfhörerverstärkers zu offerieren, hat mir Silvio Delfino gleich 3 unterschiedliche Röhrenbestückungen beigepackt. Außer der RoHS-konformen Standardröhre ECC802S finde ich noch 2 NOS Röhren des Typs PHILIPS MINIWATT ECC82 sowie einer MULLARD M8136 im mitgelieferten Zubehör.

Während die PHILIPS Röhre aus dem New Old Stock (NOS) Bestand nach Silvio’s Aussage für gesteigerte dynamische Qualitäten verantwortlich zeichnen soll, präferiert die MULLARD Röhre eine eher klangfarbenstärkere und erdige Gangart. Beide Röhren zählen aber sicherlich zu den weltweit besten Alternativen zu der Standardröhrenbestückung.

Prima, dies weckt natürlich immer den Spieltrieb in mir. Und da der AIC10 über keine eigene Möglichkeit der digitalen Datenverarbeitung verfügt, stelle ich ihm natürlich auch einen adäquaten Top-Digital-Analog-Wandler zur Seite.

Der DAC21 von BAKOON erhält von mir aufgrund seiner überragenden Musikalität dabei den Vorzug vor dem MYTEK BROOKLYN+. Als Signallieferant für die entsprechenden Digitaldaten dient mein AURALIC ARIES MINI, welcher über das hauseigene externe AURALIC ULTRA LOW NOISE Netzteil mit sauberem Strom versorgt wird.

Gemäß dem eigenen Anspruch von RIVIERA AUDIO scheint mir insbesondere der HIFIMAN SUSVARA ideal geeignet, den AIC10 angemessen herauszufordern. Der SUSVARA ist insbesondere leistungstechnisch fürwahr kein Kostverächter und trennt bezüglich seiner potentiellen Spielpartner in der Regel sehr schnell die Spreu vom Weizen.

Verkabelt werden die Komponenten im Übrigen über ein AUDIOQUEST CARBON USB-Kabel, beziehungsweise über eine AUDIOQUEST YOSEMITE Chinch-Verbindung. Als musikalisches Testmaterial dienen mir wieder einmal die üblichen Verdächtigen aus Klassik, Jazz, Pop und Rock.

Die entsprechenden Digitaldaten in HIGH-RES Auflösung werden dabei entweder unmittelbar über QOBUZ gestreamt oder direkt von der implementierten SSD-Festplatte des ARIES MINI abgerufen.

Klangtest

Eines vielleicht direkt vorweg. Im Vorfeld dieser Rezension habe ich mich mit Kopfhörerverstärkern dieser Preiskategorie eher weniger beschäftigt. Ganz einfach, weil ich der Meinung war, dass sich ab einer gewissen monetären Investition die erzielbare Klangqualität nicht mehr signifikant steigern lässt. Und somit ein 5-stelliges Preisschild keinesfalls mehr mit dem tatsächlichen akustischen Gegenwert korrelieren kann.

Ich habe mich geirrt. Denn der RIVIERA AIC10 belehrt mich eines Besseren. Dieser Spielpartner für den HIFIMAN SUSVARA ist zweifellos der beste Kopfhörerverstärker, den ich jemals gehört habe. Dabei ist die Faszination, welche von diesem italienischen Meisterwerk ausgeht, nur schwerlich mit meinen üblichen Testkriterien zu erfassen.

Über den HIFIMAN SUSVARA wurden bereits weltweit zahlreiche Pressepublikationen veröffentlicht. Und nicht wenige Journalisten bezeichnen ihn als den derzeit besten Kopfhörer der Welt. Speziell in Kombination mit einem geeigneten Spielpartner wächst der magnetostatische Flächenstrahler offenkundig über sich hinaus.

Auch ich habe den SUSVARA in meinen persönlichen TOP 5 bekanntlich auf die derzeitige Spitzenposition gesetzt, dicht gefolgt vom ABYSS AB1266 PHI. Und als bekennender Gralsritter des Klanges habe ich den HIFIMAN natürlich bereits mit allen erdenklichen Kopfhörerverstärkern gepaart, deren Auflistung sich wahrscheinlich für manch Einen lesen mag, wie ein veritables Wunschkonzert für Kopfhörerverrückte.

TRAFOMATIC HEAD2, XIAUDIO FORMULA S, CAYIN HA300, PATHOS INPOL EAR, VIVA EGOISTA 845, HIFIMAN EF1000, um nur einige der von mir getesteten Verstärkerpretiosen zu benennen. All diese Weltklasseverstärker treiben den SUSVARA mit Leichtigkeit und verleihen ihm zudem ihre ganz individuelle klangliche Note. Und selbstverständlich erübrigt sich bei diesen Spielpartnern jegliche Diskussion im Hinblick auf deren akustische Qualitäten.

Meine Wahl fiel letztendlich auf den PATHOS INPOL EAR. Das patentierte Hybriddesign der italienischen Traditionsfirma kombiniert zarten Röhrenschmelz mit der Präzision eines Solid State Designs. Wahrlich eine klangliche Offenbarung. Auch das modulare Konzept trifft so ganz meinen Geschmack. Denn der INPOL EAR agiert auf Wunsch als „Stand-Alone“ Gerät vollkommen autark und benötigt im besten Fall lediglich eine Steuerungsmöglichkeit mittels einer App sowie einen profanen Stromanschluss. Streamer, Datenspeicher, DAC und Kopfhörerverstärker. Alles in einem Gerät. Und darüber hinaus optisch bestens verpackt. Passt.

Der PATHOS markiert aber ebenso meine finanzielle Schmerzgrenze. In Vollausstattung werden immerhin fast 6.000,- Euro fällig. Angesichts der hervorragenden klanglichen Qualitäten des INPOL EAR in Kombination mit dem SUSVARA lässt sich dies aber zumindest noch einigermaßen vor der häuslichen Geschäftsführung vertreten. Alldieweil meine Frau sowieso grundsätzlich viel Verständnis für mein Kopfhörerhobby aufbringt. Mann, was habe ich doch für ein Glück.

Und warum zur Hölle habe ich mich überhaupt von den Italienern zu diesem Test überreden lassen. Die erste Hörprobe auf der HIGH-END in München hätte mir bereits als Warnung dienen sollen. Aber leider obsiegte, wie schon so oft, die unsägliche Neugier.

Zumal mir das Verstärkungsprinzip grundsätzlich natürlich direkt zusagte, da es entsprechende Quervergleiche zum INPOL EAR ermöglicht. Ist der RIVIERA AIC10 also nunmehr ernsthaft in der Lage, dem HIFIMAN SUSVARA zu den von Luca versprochenen klanglichen Höhenflügen zu verhelfen?

Um es sehr kurz zu machen. Ja – ohne jeden Zweifel. Und wenn ihr euch nun fragt, was genau er denn nun besser macht, ist meine Antwort darauf ebenso lapidar wie ernüchternd. Einfach alles.

Zum Einen entfaltet der HIFIMAN SUSVARA am RIVIERA AIC10 eine Dynamik, welche ihresgleichen sucht. Ganz gleich, welche Hörpegel auch gefordert werden, der AIC10 reproduziert jedwede Musikrichtung völlig unverzerrt und mit einer solch kompromisslosen Selbstverständlichkeit, dass der gefühlte Unterschied zum Live-Erlebnis quasi gegen Null tendiert. Insbesondere Passagen mit eklatanten Pegelsprüngen bei klassischen Orchestern werden je nach ausgesuchtem Musikmaterial unbeschreiblich explosiv und realistisch reproduziert.

Zum Anderen ist die dabei an den Tag gelegte Schnelligkeit schier unfassbar, das zeitgenaue Spiel des AIC10 ist schlicht und ergreifend perfekt. Dies ist eher ungewöhnlich für Boliden dieser Leistungsklasse und oftmals ein typisches Merkmal von kleinen OTL-Kopfhörerverstärkern wie beispielsweise dem FELIKS EUFORIA.

Und gerade diese Kombination aus grob- und feindynamischen Qualitäten bei gleichsam optimalem Timing ist eine nahezu unschlagbare Waffe im Kampf um den weltweiten Verstärkerthron. Denn speziell diese beiden klanglichen Attribute zeichnen maßgeblich verantwortlich für das exorbitante Maß an Authentizität des AIC10.

In Kombination mit dem RIVIERA schafft der SUSVARA dazu einen verblüffenden Raumeindruck in Breite und Tiefe, welcher zweifellos Maßstäbe in diesem Segment setzt. Der HIFIMAN ist zeitweilig gar nicht wieder zu erkennen und ich begreife nun sukzessive das wahre Potential dieses Kopfhörers.

Die beiden Spielpartner begeistern nicht nur mit einer famosen Ortungsschärfe der musikalischen Ereignisse und einer im Kontext größenrichtigen Abbildung, sondern versehen insbesondere auch einzelne Solisten mit einer unglaublichen Randschärfe und fokussieren selbige punktgenau und gleichsam plastisch im virtuellen Raum. Diese räumliche Präzision habe ich zuvor in dieser Form noch nicht erlebt, weder über ein dynamisches noch über ein elektrostatisches System.

Der beeindruckende Bass des SUSVARA agiert über den AIC10 erwartungsgemäß staubtrocken und ansatzlos schnell, dazu enorm druckvoll und kontrolliert, mit einer großartigen Ausleuchtung auch allertiefster Gefilde. Der RIVIERA verfügt dazu über fast schon beängstigende Leistungsreserven auch bei bereits gehörfeindlichen Abhörpegeln. Der Bass des SUSVARA schiebt einfach ohne erkennbares Ende. Besser geht es einfach nicht.

Der substanzielle Grundtonbereich des AIC10 verleiht Stimmen und Instrumenten in Verbindung mit dem SUSVARA darüber hinaus jederzeit ein authentisches Maß an Korpus, welches ich bei vielen elektrostatischen Systemen leider oft schmerzlich vermisse.

Die mittleren Frequenzen sind mitunter eine der großen Stärken dieser kongenialen Paarung und an „Echtheit“ derzeit von keinem mir bekannten Kopfhörersystem zu überbieten. Die Wiedergabe der Transienten wirkt völlig natürlich, der Mitteltonbereich ist dazu fantastisch ausbalanciert.

Die organische Verbindung aus Klangfarbenreichtum und Plastizität bei außerordentlicher Transparenz macht einfach nur süchtig und fesselt mich bis tief in die Nacht an meinen Hörplatz. Verflixt, wieso hab ich mich nur zu dieser Rezension hinreißen lassen.

Im Hochtonbereich schließlich fördert der SUSVARA über den AIC10 Mikrodetails zutage, welche ich so zuvor noch nie bewusst wahrgenommen habe. Der SUSVARA agiert auch in diesem Frequenzbereich über den RIVIERA absolut souverän, zudem völlig entspannt und selbstredend ohne auffällige Akzentuierung der Sibilanten.

Das Auflösungsvermögen im Zusammenspiel der beiden kongenialen Partner ist einfach nur als phänomenal zu bezeichnen und liegt zweifellos auf dem Niveau der allerbesten elektrostatischen Systeme. Ganz große Klasse.

Und diese Performance ist, ich mag es kaum glauben, tatsächlich noch steigerungsfähig. Denn natürlich habe ich auch die zusätzlichen Röhrensätze getestet und kann die klangliche Einschätzung von Silvio nur voll und ganz bestätigen.

Insbesondere die MULLARD M8136 NOS avanciert zu meinem persönlichen Favoriten. Denn mit dieser Röhrenbestückung geht auch das letzte Quäntchen Härte im Klangbild verloren. Und dies ohne Einbußen im Hinblick auf die dynamischen Qualitäten. Allerdings spielt der AIC10 mit der PHILIPS MINIWATT NOS Triode speziell bei älteren Aufnahmen minimal heller und demzufolge auch etwas frischer auf.

Je nach verwendetem Kopfhörer kann der RIVIERA KHV auf jeden Fall durch einen einfach zu bewerkstelligenden Röhrenwechesel perfekt an die ganz persönlichen Hörpräferenzen angepasst werden. Ein ausgezeichneter Lösungsansatz, wie ich finde. Und Spaß macht Tube-Rolling ja sowieso.

Die folgende Zusammenfassung verdeutlicht noch einmal die teilweise ungewöhnlich konträr anmutenden klanglichen Eigenschaften des RIVIERA AIC10:

BASS

Druckvoll, mächtig und mit unglaublichem Tiefgang, dennoch ansatzlos schnell und impulstreu. Keinerlei Kompressionseffekte des Kopfhörers bei allen erdenklichen Abhörlautstärken.

GRUNDTON

Erdiger Grundtonbereich mit absolut glaubhaftem Korpus. Angenehm warmes Klangbild mit ausgezeichneter Bassanbindung.

MITTELTON

Fantastischer Klangfarbenreichtum bei erstaunlicher Plastizität. Gleichsam vollkommen transparente Reproduktion der Musik. Völlig natürlich wirkende Transientenwiedergabe. Bislang unerreichte Authentizität in Verbindung mit dem HIFIMAN SUSVARA.

HOCHTON

Überragende Detailarbeit und filigranstes Auflösungsvermögen bis in die allerkleinsten Verästelungen. Völlig entspannte Reproduktion von Sibilanten. Optimale Anbindung an den Mitteltonbereich.

RÄUMLICHKEIT

Punktgenaue Ortbarkeit bei gleichsam sehr realistischer Abbildungsgröße. Außerordentlich luftig und offen wirkendes Klangbild. Beeindruckende Randschärfe aller musikalischen Ereignisse. Dabei weitläufige Bühnendarstellung und perfekte Staffelung in die Tiefe.

DYNAMIK

Unfassbare Leistungsreserven bedingen eine phänomenale Grobdynamik, selbst bei wirkungsgradschwachen Kopfhörern. Explosionsartige Dynamiksprünge bei klassischer Musik. Vom eigentlichen Ereignis kaum mehr zu unterscheiden. Gleichsam aber akribische und gefühlvolle feindynamische Qualitäten. Ausleuchtung auch allerfeinster Schattierungen.

Mein Fazit

Obwohl der RIVIERA AIC10 in den klangrelevanten Bereichen somit nur Spitzenbewertungen in allen Einzeldisziplinen einfährt, wird ihm selbst diese Beurteilung noch nicht vollständig gerecht. Denn was den AIC10 im Vergleich zu den Mitbewerbern IMO in erster Linie auszeichnet, ist seine alles überragende Musikalität.

Der AIC10 agiert mit einem unvergleichlich musikalischen Fluss, der sich nur schwerlich in Worte fassen läßt. Und gleichgültig, welchen meiner Kopfhörerverstärker ich zum Vergleich auch heranziehe, die entspannt überlegene und gleichsam leidenschaftliche Spielart des RIVIERA erreichen sie allesamt nicht.

In Kombination mit dem HIFIMAN SUSVARA spielt sich der AIC10 somit an die Spitze der versammelten Weltelite. Und agiert in dieser Kombination IMO sicherlich auf Augenhöhe mit einem HIFIMAN SHANGRI LA- oder einem SENNHEISER HE1-System.

Der RIVIERA AIC10 ist ohne jeden Zweifel ein absoluter Ausnahmeverstärker im HIGH-END Kopfhörersegment. Allerdings zu einem sehr stolzen Preis. Und demzufolge für die Meisten wohl auch eher unerschwinglich.

Meine uneingeschränkte Empfehlung aber dennoch an alle Gralsritter des Klanges, welche Willens und monetär auch in der Lage sind, sich dieser italienischen Wunderwaffe zu bedienen. Und am Ende einer vielleicht sehr langen Reise angekommen sind.

Denn der RIVIERA AIC10 ist nicht weniger als ein eindrucksvolles Statement für die Wiedergabe über Kopfhörer.  Ein „End Game“ Verstärker, welcher dem Zuhörer „Closer to the Music“ im höchsten Maße authentisch und gleichsam unvergleichlich emotional vermittelt. Grandios. Ein Meisterwerk.

Euer Fidelio

Meine Wertung

Klangqualität (60%) : 5 von 5 Ohren
Ausstattung (20%) : 3 von 5 Ohren
Verarbeitung (20%) : 5 von 5 Ohren

Musicalhead TOP 10
(*) Die Testberichte auf Musicalhead geben ausschließlich meine persönliche Meinung zum Produkt wieder. Es handelt sich hierbei um redaktionelle Beiträge, welche aber durchaus eine werbende Wirkung beim Leser erzielen könnten, ohne dass ich von einem Unternehmen damit beauftragt wurde.


RELATED POSTS


LEAVE A COMMENT