Die Wege ins musikalische Nirvana sind zuweilen unergründlich. Nicht selten fühle ich mich wie ein Getriebener auf dem steinigen Weg zum akustischen Gral. Wobei ich mir natürlich eingestehen muss, dass genau diese ewige Suche einen großen Teil des Reizes unseres großartigen Hobbys ausmacht.
Darüber hinaus definiert jeder Gralsritter der feinen Töne den klanglichen Olymp selbstverständlich auch sehr individuell. Zumal sich der persönliche Fokus, welcher zwangsläufig geprägt ist von stetig wechselnden Höreindrücken und sich daraus ergebenden neuen Ansprüchen, zeitweilig verschieben kann.
Außerdem unterliegt die Suche nach dem perfekten Musikerlebnis via Ohrlautsprecher leider gewissen monetären Gesetzmäßigkeiten. Die von mir investierten Summen in das entsprechende Equipment scheinen jedenfalls exponentiell zur bereits zurückgelegten Wegstrecke zuzunehmen. Ganz zum Leidwesen meiner lieben Frau.
Dennoch fühle ich mich der finalen Gralssuche auf Musicalhead auch weiterhin verpflichtet, wenngleich die musikalischen Fähigkeiten der kopfgebundenen Spielpartner zwischenzeitlich mit einer äußerst ambitionierten Preisgestaltung der gegenwärtigen Top-Manufakturen einhergehen.
Voraussetzung für das ultimative authentische Hörerlebnis ist allerdings ein elektronisches Frontend von absolutem Weltklasseformat, welches den jeweilig beteiligten Ohrlautsprecher zu neuen akustischen Höhenflügen befähigt. So wie das neue LINA Kopfhörersystem des britischen Herstellers dCS.
Einführung
Als mich Joss Marvie von dCS Mitte April diesen Jahres kontaktierte und mir die akustische Begutachtung eines perfekten Wiedergabesystems via Kopfhörer anbot, konnte ich natürlich nicht lange widerstehen, obgleich eine weitere umfangreiche Rezension partout nicht in meine jährliche Sommerplanung zu passen schien.
Die vollumfängliche Begeisterung, mit welcher Joss die Gerätschaften im Vorfeld ankündigte, weckte allerdings meine spontane Neugier – zumal der Franzose das Leben erfahrungsgemäß zu geniessen weiß und infolgedessen nicht dazu neigt, mir meine kostbare Zeit zu stehlen.
Bereits seit über 30 Jahren leistet dCS zweifelsohne Pionierarbeit hinsichtlich der Realisierung einzigartiger Audiokonzepte und begeistert die audiophile Fangemeinde weltweit mit innovativen technologischen Produkten.
Das 1987 gegründete britische Unternehmen folgte dabei von Beginn an einem einzigartigen technischen Ansatz, indem alle Produktserien selbst entwickelt wurden – von der Software zur Decodierung der Audiosignale, über entsprechende Komponenten zur Taktung und Synchronisation, bis hin zu einer bahnbrechenden elektronischen Hardware, welche die Grenzen der digitalen Technologie in der jüngeren Vergangenheit nicht selten neu definiert hat.
Bereits 1993 brachte dCS mit dem dCS 950 den weltweit ersten DAC mit 24-bit Auflösung auf den Markt und entwickelte 1996 in Zusammenarbeit mit dem Industriedesigner Allen Boothroyd im direkten Anschluss den dCS ELGAR für den Heimgebrauch.
Und wenngleich die britische Manufaktur zwischenzeitlich Upsampler, CD/SACD-Transporter/Player, Masterclocks sowie die unterschiedlichsten Verstärkerlösungen in ihrem sukzessive erweiterten Produktsortiment führt, kennzeichnen Digital-Analog-Converter (DAC) nach wie vor die grundlegenden Eckfeiler des Portfolios.
dCS LINA
Der kompromisslose Ansatz einer langjährigen Entwicklungsarbeit ermöglicht es dCS heute, das klangtechnische Optimum in jeder Phase des Signalwegs in den Mittelpunkt zu stellen. Und mit dem LINA wurde nach Aussage der dCS-Ingenieure ein dezidiertes System für die Kopfhörerwiedergabe geschaffen, welches zweifelsohne einen neuen Höhepunkt in Bezug auf das musikalische Hörerlebnis markieren soll.
Soweit jedenfalls die Theorie. Denn selbstverständlich wird das dCS LINA im folgenden Klangtest dieses ehrgeizige Statement erst noch akustisch unter Beweis stellen müssen.
Die in Großbritannien konstruierten und in Cambridge vollständig von Hand montierten dCS LINA Komponenten werden unter Verwendung hochwertigster Materialien produziert und sind aufgrund ihrer relativ kompakten Abmessungen problemlos in den unterschiedlichsten Hörumgebungen einsetzbar.
Das mechanische Design des LINA Systems vermeidet dazu jedwede Befestigungselemente – wie beispielsweise Schrauben – im direkten Sichtfeld und favorisiert infolgedessen ein sehr aufgeräumtes Erscheinungsbild mit einer unaufdringlichen und zugleich ästhetischen Architektur.
Dank modernster elektronischer Bauteile und mittels volldigitaler Verarbeitung ist es dCS zudem gelungen, eine Vielzahl von Funktionen in einem kompakten Format unterzubringen, ohne dabei Kompromisse hinsichtlich Klang und Leistung einzugehen.
Durch den Einsatz einer flexiblen Hardware und Update-fähiger Software ist das dCS LINA überdies für eine lange Lebensdauer ausgelegt, um dem Gralsritter der feinen Töne über Jahrzehnte das aufschlussreichste und emotionalste Hörerlebnis überhaupt zu ermöglichen.
LINA DAC
Der preisgekrönte dCS BARTOK Headphone DAC diente offensichtlich als Fixpunkt für die mehr als 2-jährige Entwicklungszeit des neuen LINA Network DAC, welcher die bewährten Wiedergabetechnologien von dCS – einschließlich des Ring-DAC und der Digital-Processing-Plattform – mit einem zeitlos klassischen Design verbindet und laut Hersteller eine überragende klangliche Qualität aus digitalen Quellen bereitstellt.
Darüber hinaus verfügt der LINA DAC erstmalig über eine optimierte Benutzeroberfläche in Form eines Touchscreen-Displays, sowie gleichsam über die kompakte und leistungsstarke „Flexridged-Platine“, welche eine hohe Funktionsvielfalt in einem relativ kleinen Gehäuse präsentiert.
Während der BARTOK jedoch primär als Hybrid fungiert, welcher sowohl die Wiedergabe über Lautsprecher, als auch den Kopfhörerbetrieb erlaubt, wurde der LINA DAC deutlich spezifischer auf die Reproduktion via Ohrlautsprecher ausgelegt.
Der dCS unterstützt auf Wunsch Hi-Res-Streaming über Roon, Tidal, Qobuz, Spotify, Deezer und AirPlay über die entsprechende Mosaik-App von dCS und gewährleistet über den proprietären Ring-DAC der neuesten Generation eine unverfälschte klangliche Reproduktion aller musikalischen Pretiosen.
Die innovative und patentierte dCS Expanse-Verarbeitungsplattform sorgt darüber hinaus für eine optimierte Crossfeed-Funktion und stellt infolgedessen ein detailreiches und natürliches Hörerlebnis bei einer Vielzahl von Stereoaufnahmen sicher.
dCS Expanse verwendet dazu eine neuartige Methode zur Optimierung der Wiedergabe, indem über ein mehrstufiges digitales Verarbeitungsverfahren die ursprünglichen Klanglandschaften einer Aufnahme wiederhergestellt werden, ohne dabei den Nachhall zu beeinträchtigen, welcher in der Crossfeed-Phase oftmals verloren geht.
LINA Master Clock
Die LINA Master Clock basiert auf einer langjährigen Erfahrung in Bezug auf die Entwicklung von World Clocks für die professionelle Studioanwendung. Die LINA Master Clock nutzt dazu zwei ofengesteuerte Quartzkristalle, um eine ultrapräzise Taktreferenz für alle Audioformate zu gewährleisten und Unregelmäßigkeiten im Timing auf das absolute Mindestmaß zu reduzieren.
Bereits im Jahre 1999 leistete dCS Pionierarbeit in Bezug auf die Verwendung externer Taktgeber in digitalen Audiosystemen.
Die Briten entwickelten die Master Clock 992 für den spezifischen Einsatz in professionellen Aufnahmestudios, wobei oftmals auch mehrere DA-Wandler gleichzeitig betrieben wurden. Die Master Clock lieferte dazu ein ultrapräzises Referenzsignal, um alle beteiligten Geräte perfekt zu synchronisieren.
Seither hat dCS in über zwei Jahrzehnten eine Reihe von Master Clocks für diverse DACs, CD-Transports und Netzwerkplayer für den Heimgebrauch entwickelt mit der über zahlreiche Hörtests gewonnenen Erkenntnis, dass in Kombination mit einem externen Taktgeber eine tiefgreifende Einflussnahme auf die Leistung eines jeden musikalischen Systems realisiert werden kann.
Die LINA Master Clock verwendet im Übrigen dieselben Kerntechnologien wie die Rossini- und Vivaldi-Taktgeber der Briten, einschliesslich des einzigartigen Phase-Locked-Loop-Systems von dCS, welches die Taktfrequenzen in perfekter Manier synchronisiert.
In kongenialer Verbindung mit dem LINA Network DAC verbessert die neue Master Clock laut dCS nicht nur maßgeblich die Präzision hinsichtlich der räumlichen Abbildung, sondern steigert gleichsam auch eindrucksvoll den musikalischen Fluss.
LINA Kopfhörerverstärker
Der im Class AB-Betrieb operierende LINA Kopfhörerverstärker ist laut Aussage von dCS in der Lage, selbst wirkungsgradschwache orthodynamische Ohrlautsprecher mühelos zu treiben und deren klangliches Potential vollständig auszuschöpfen.
Der britische Hersteller verbindet dazu erstmalig die ausgezeichnete Linearität eines Class-A Designs mit der hohen Effizienz des Betriebs im Class-B Modus. Eine speziell von dCS entwickelte Fehlerkorrekturschaltung prüft dabei die exakte Spannung im Übergabebereich und korrigiert selbige dadurch bereits an der Quelle.
Der Transistorverstärker wurde von dCS ferner konzipiert, gleichzeitig hohe Spannungen und Ströme zu liefern, ohne große Mengen an Wärme zu erzeugen. Er weist zudem eine sehr niedrige Ausgangsimpedanz auf, um die unterschiedlichsten Ohrlautsprecher und IEM’s bei minimalsten Verzerrungswerten optimal bespielen zu können.
Vor einem rabenschwarzen Hintergrund beeindruckt der LINA Amp nach eigener Aussage mit einer extrem großen Bandbreite, exzellentem Dynamikumfang, sowie einer mustergültigen Linearität. Das großzügig dimensionierte Aluminiumgehäuse minimiert das Risiko elektromagnetischer Störungen und garantiert demzufolge eine perfekte Audioleistung.
Mit dem neuen LINA Kopfhörerverstärker knüpft dCS an ihre langjährige Tradition im DAC-Segment an, eine jederzeit neutrale und stets originalgetreue akustische Leistung zu gewährleisten, ohne dem musikalischen Signal eine eigene klangliche Charakteristik hinzuzufügen.
Vorbereitung
Da das dCS LINA bereits im ersten Hörcheck am DAN CLARK STEALTH mit überzeugender dynamischer Attacke, einer phänomenal räumlichen Darstellung, sowie einer akribischen und gleichsam feingeistigen Detailarbeit begeisterte, musste ich mich dem eigentlichen Klangtest zwangsläufig mit besonderer Akribie widmen.
In Folge vergleiche ich den dCS LINA DAC nicht nur mit meinem derzeitigen Referenzwandler – dem CHORD DAVE, sondern stelle zugleich auch den Kopfhörerverstärker auf eine veritable Hörprobe. Denn sowohl der FELIKS ENVY, als auch mein RIVIERA AIC10 treten an, den Neuankömmling aus Großbritannien in seine akustischen Schranken zu verweisen.
Um die dynamischen Grenzen des neuen Transistorverstärkers von dCS auszuloten, fungiert der HIFIMAN SUSVARA als mutmaßlicher Stolperstein für den britischen Spielpartner. Aber auch der ABYSS AB1266 PHI TC gilt nicht unbedingt als Kostverächter hinsichtlich seiner Leistungsanforderungen an die Verstärkerfraktion und reiht sich kurzerhand in das elitäre Umfeld mit ein.
Der MEZE ELITE und der FINAL D8000 PRO EDITION geben sich ebenfalls ein Stelldichein und komplettieren somit die erlesene Liste der Spitzenmodelle der entsprechenden Manufakturen. Mein SENNHEISER HD800S 75th AE tritt außerdem als Vertreter der dynamischen Konusfraktion an, die illustre Sammlung perfekt nach unten abzurunden.
Während das dCS LINA System mit den originalen – weil vom britischen Hersteller empfohlenen – Kabelsätzen ausgestattet wird, vertrauen die übrigen elektronischen Komponenten auf die ausgezeichneten Strippen der Marke CHORD CABLE in der SIGNATURE Ausführung.
Die zwei zuletzt genannten Ohrlautsprecher werden über die originalen Kabel mit den unsymmetrischen 6,3 mm Ausgängen der Kopfhörerverstärker verbunden – der HIFIMAN und der ABYSS testen über ihre 4-poligen XLR-Kabelsätze (CARDAS CLEAR & JPS SUPER CONDUCTOR) die symmetrischen Qualitäten der angeschlossenen Komponenten aus.
Die digitale Kost wird über eine AURALIC ARIES G1 Streaming-Bridge für den jeweiligen Wandlerbaustein (LINA DAC & DAVE) aufbereitet, das musikalische Testmaterial setzt sich wie üblich zusammen aus den mir bestens bekannten Hörbeispielen aus Klassik, Jazz, Blues, Rock und Pop – vorwiegend natürlich in HIGH-RES Auflösung.
Informationen zum neuen dCS LINA Kopfhörersystem erhaltet ihr im Übrigen auf der Homepage des Herstellers unter: dcsaudio.com oder auch beim deutschen Exklusivhändler: headphone.shop
Klangtest
In den letzten Jahren habe ich schon einige exzellente Komponenten auf Musicalhead getestet und mir überdies etliche andere audiophile Pretiosen zu Gehör geführt, wenngleich ich bedauerlicherweise nicht immer die Zeit und Muße fand, alle Gerätschaften im direkten Anschluss zu rezensieren.
In Sachen Systemlösung zählt das WARWICK APERIO dabei zu meinen ganz persönlichen Favoriten – obschon von den Briten ein exorbitanter Kaufkurs aufgerufen wird, welche das zur Verfügung stehende Budget selbst engagierter Gralsritter oftmals bei Weitem übersteigen dürfte.
Aber auch die preisliche Gestaltung des neuen dCS LINA Komplettsystems könnte bei nicht wenigen Jägern des musikalischen Schatzes kurzfristige Schnappatmung auslösen oder zu spontanen Herzrhythmusstörungen führen – zumal der passende Ohrlautsprecher dem elitären Paket selbstverständlich noch hinzugerechnet werden muss.
Wer jetzt allerdings dem Trugschluss erlegen ist, das ambitionierte Preisschild des LINA hätte meine Erwartungshaltung hinsichtlich der musikalischen Performance in noch nie dagewesene Höhen getrieben, den muss ich leider enttäuschen. Denn der französische Fuchs in Gestalt von Joss Marvie hatte mich zu Beginn meiner klanglichen Reise keineswegs in die monetäre Planung von dCS eingeweiht.
Und obgleich ich mir aufgrund der exquisiten Produktrange der Briten natürlich denken konnte, dass das neue LINA sicherlich nicht zum Discountpreis offeriert werden würde, glich mein Gesichtsausdruck bei der ersten akustischen Kontaktaufnahme in Verbindung mit dem DAN CLARK STEALTH vermutlich einem Astronauten, der zu ersten Mal einen Außerirdischen erblickt.
Jegliche Hoffnung auf einen monetären Betrag, welcher bei meiner besseren Hälfte gegebenenfalls noch auf Zustimmung gestoßen wäre, wurde bereits nach wenigen Hörminuten stillschweigend begraben. Und je länger ich diesem Ausnahmesystem am ersten Abend bis tief in die Nacht hinein lauschte, desto mehr musste ich meine preisliche Schätzung nach oben korrigieren.
Um jetzt direkt mit der Tür ins Haus zu fallen – das dCS LINA ist ohne jeden Zweifel das beste System für die Kopfhörerwiedergabe, welches ich je gehört habe. Dabei spielt es interessanterweise auch keine allzu große Rolle, welcher (ortho-) dynamische Ohrlautsprecher die Gelegenheit erhält, mit dem britischen System akustisch kooperieren zu dürfen.
Dabei werden sowohl wirkungsgradstarke Kopfhörer wie der MEZE ELITE, als auch leistungshungrige Diven wie der ABYSS AB1266 PHI TC zu keinem Zeitpunkt vom britischen Kopfhörerverstärker in ihrem makrodynamischen Tatendrang eingeschränkt.
Während dem MEZE allerdings ein moderater Ausgangspegel von 2 V seitens des LINA DAC genügt, damit das Drehpotentiometer der Verstärkersektion im optimalen Arbeitsfenster operieren kann, sollte für den ABYSS zweckmäßigerweise der alternative 6 V Ausgang angewählt werden.
Außerdem empfiehlt es sich, den versteckten Schieberegler auf der Unterseite des LINA Amps unauffällig in die rechte Position zu bewegen. Denn erst dadurch wird das vollständige dynamische Potential freigelegt, so dass der transistorbewehrte Quader selbst vor einem ausgewiesenen Biest wie dem HIFIMAN SUSVARA nicht kapituliert.
Infolgedessen ist das dCS LINA zweifellos in der Lage, jeden beliebigen High-End-Ohrlautsprecher auf diesem Planeten anzutreiben, sofern selbiger dem (ortho-) dynamischen Arbeitsprinzip frönt. Und hat man sich erst einmal auf das neue technische Wunderwerk der Briten eingelassen, möchte man dieses hochpräzise und holographisch anmutende Spiel nicht mehr missen.
Müsste ich das neue dCS System mit nur einem Wort beschreiben, so wäre dies sicherlich seine überragende Durchhörbarkeit. Das LINA vermittelt in Kombination mit jedwedem Kopfhörer ein unglaubliches Maß an Transparenz im gesamten Frequenzspektrum, verbunden mit einer unfassbar realistischen räumlichen Abbildungsschärfe – insbesondere in die Tiefe.
Die Kopfhörer
Dies gilt im besonderen Maße auch für das musikalische Zusammenwirken in Verbindung mit dem MEZE ELITE. Das orthodynamische Spitzenmodell des rumänischen Herstellers ist mitunter nicht mehr wieder zu erkennen.
Eine staubtrockene und dazu nachdrückliche Wiedergabe im Bassbereich geht einher mit fein geschichteten und luftigen Mitten. Das dCS LINA fächert das klangliche Geschehen dabei nicht nur messerscharf gerändert vor dem geistigen Auge eines leicht perplex wirkenden Gralsritters (also mir) auf, sondern glänzt gleichermaßen mit einer Detailarbeit auf Weltklasseniveau.
Der Hochtonbereich wird außerdem perfekt intoniert und gerät frei eines jeglichen Hangs zur Sibilanz, obgleich das LINA freilich mit einem überragenden Auflösungsvermögen zu überzeugen weiss. Nachhallfahnen im räumlichen Kontext sind an Natürlichkeit nicht zu überbieten und geben die exakte Raumgröße aus meiner Sicht treffsicher wieder.
Im Gegensatz zu vielen anderen HIFI-Gerätschaften auf dem Weltmarkt entwickelt das dCS LINA zudem kein akustisches Eigenleben, so dass die klanglichen Besonderheiten des jeweiligen Ohrlautsprechers intakt bleiben. Während der MEZE ELITE ein leicht warmes Klangbild favorisiert, tendiert der FINAL D8000 PRO EDITION beispielsweise in die analytische Richtung. Letztlich aber mit demselben Endergebnis.
Denn auch der FINAL zeigt am dCS eindrucksvoll auf, zu welchen musikalischen Glanzleistungen der japanische Studiokopfhörer tatsächlich fähig ist. Dabei neigt das dCS LINA wiederum zu keiner Akzentuierung einzelner Frequenzbereiche, sondern spielt ohne tonale Vorlieben grundehrlich und neutral auf. Somit markiert auch der D8000 PRO EDITION einen echten Volltreffer in Verbindung mir dem britischen System.
Eine Überraschung hält allerdings der SENNHEISER HD800S am dCS LINA bereit. Nie und nimmer würde ich in dieser Konstellation auf einen Ohrlautsprecher der 2.000 Euro Preisklasse tippen. Wer auf eine ultimative Ausleuchtung im Tiefbasskeller gegebenenfalls verzichten kann, erfährt in Kombination mit dem HD800S ein einschneidendes Hörerlebnis der Extraklasse – insbesondere bei klassischer Musik.
Im Zusammenspiel mit dem dCS LINA fasziniert der HD800S mit einer außergewöhnlich präzisen Instrumentenseparation, höchst authentischen Klangfarben, sowie einer exzellenten räumlichen Zuordnung der einzelnen Akteure. Bei geschlossenen Augen wähnt man sich bereits nach wenigen Minuten im jeweiligen Konzertsaal. Einfach nur phänomenal.
Selbstverständlich gibt sich das britische Ausnahmesystem aber auch an den beiden letzten Kandidaten im Hörtest keinerlei klangliche Blößen. Und insbesondere das akustische Zusammenwirken mit dem ABYSS AB1266 PHI TC markiert zweifelsfrei einen weiteren Höhepunkt meiner Rezension zum dCS LINA.
Ein gespenstig echt wirkender räumlicher Eindruck wird flankiert von der bekannt plastischen Darstellung von Stimmen und Instrumenten, welche die Kopfhörer von JPS Labs seit jeher auszeichnet. Das LINA System fokussiert selbige darüber hinaus felsenfest und nahezu unverrückbar in den ihnen zugedachten Positionen mit einer zugleich exorbitant hohen Randschärfe.
Meine Befürchtung, dass die von dCS ausgewiesene Verstärkerleistung von lediglich 2 Watt pro Kanal nicht ausreichen könnte, akustische Schwergewichte wie den ABYSS AB1266 PHI TC auch bei höheren Lautstärken ohne Dynamikverlust zu treiben, bestätigten sich nicht. Selbst bei schon abstrusen Pegelstellungen sind kompressionsbedingte Einschränkungen hinsichtlich der Abbildungsstabilität nicht zu beobachten.
Insbesondere Live-Konzerte zählen somit zu den ganz großen Stärken des LINA Systems in Verbindung mit dem amerikanischen Ungetüm. Der ABYSS AB1266 PHI TC avanciert infolgedessen zum wahrhaften Ohr-Lautsprecher, indem er einer LS-basierten Wiedergabe im Zusammenspiel mit dem dCS so nahe kommt, wie kaum ein anderer Kopfhörer auf diesem Planeten.
Die Kopfhörerverstärker
Der HIFIMAN SUSVARA zählt seit seinem Erscheinungsdatum im Jahre 2017 nach wie vor zu den allerbesten Kopfhörern der Welt. Demzufolge müßte das akustische Zusammenwirken mit dem LINA Kopfhörerverstärker mutmaßlich den Höhepunkt meiner heutigen Rezension markieren.
Und obschon das dCS Komplettpaket in Kombination mit dem Meisterwerk von Dr. Fang Bian für die meisten Gralsritter der endgültigen musikalischen Lösung gleichkommen dürfte, ist aus meiner Sicht tatsächlich noch etwas Luft nach oben möglich. Denn erst im Zusammenspiel mit dem RIVIERA AIC10 schöpft der HIFIMAN sein dynamisches Potential an den beiden Lautsprecherausgängen des italienischen Hybridverstärkers zur Gänze aus.
Um dies jetzt bitte nicht falsch zu interpretieren – selbstverständlich reichen auch die Leistungsreserven des neuen KHV von dCS problemlos aus, dem SUSVARA wahrlich ohrenbetäubende Lautstärken zu entlocken. Das Zusammenspiel mit dem AIC10 vermittelt allerdings stets den Eindruck, dass die Musik keinerlei dynamischer Limitierung mehr zu unterliegen scheint.
Insbesondere der Bassbereich des HIFIMAN wird bei einer Leistungsabgabe von bis zu 2 x 30 Watt pro Kanal mit fast schon beängstigender Autorität reproduziert. Es ist immer wieder faszinierend, zu welch unglaublichen Bassattacken der SUSVARA bei adäquater Leistungszufuhr in der Lage ist.
Aber auch Stimmen und Instrumente verfügen über eine höhere Plastizität, ohne dass die zuvor genannten klanglichen Stärken der Wandlerfraktion von dCS dabei vernachlässigt werden. So perfekt der LINA Kopfhörerverstärker die an ihn gestellten musikalischen Aufgaben auch meistert, der RIVIERA verleiht dem HIFIMAN zusätzlich Flügel – inklusive einer nochmalig höheren Kostennote, versteht sich.
Bevor jetzt einige Leser in ein leicht hysterisches Lachen verfallen, sollte ich mich vielleicht besser dem letzten Kandidaten meiner elitären Runde widmen und akustisch zu Gemüte führen. Denn der neue FELIKS ENVY der polnischen Röhrenschmiede aus Lubliniec verbindet gegebenenfalls zwei klangliche Welten miteinander.
Während sich der dCS Transistorverstärker einer möglichst neutralen Reproduktion der musikalischen Schätzchen verpflichtet fühlt und bisweilen wie eine audiophile Lupe zu agieren vermag, malt der polnische Beau hingegen mit den allerschönsten Klangfarben in dazu weit geöffneten Räumen.
Dies mag nicht unbedingt den Geschmack eines jeden Gralsritters treffen – für ausgewiesene Fans der Röhrenfraktion markiert der FELIKS ENVY allerdings eine neue Benchmark und verbindet die höchst authentischen Wiedergabeeigenschaften der dCS DAC-Sektion mit einem angenehm farbigen Röhrencharakter. Zumal der ENVY auch leistungstechnisch nicht hinter dem dCS Amp zurücksteht.
Der dCS LINA DAC avanciert aus meiner Sicht somit zum eigentlichen Star des britischen Ensembles. Idealerweise mit dem dazugehörigen Taktgeber. Denn obgleich die LINA Master Clock mit einem nicht unerheblichen Betrag zu Buche schlägt, ist ihr klangliches Mitwirken mitunter von entscheidender Bedeutung für die musikalische Glückseligkeit.
Dies fällt insbesondere ins Gewicht, wenn die Master Clock aus der Signalkette entfernt wird. Die Fokussierung von Stimmen und Instrumenten gerät minimal unverbindlicher, Raumgrenzen werden weniger exakt definiert und die klanglichen Ereignisse wirken geringfügig komprimierter. Keine Frage, der dCS DAC ist eine musikalische Waffe – in Verbindung mit der Uhr allerdings eine besonders Scharfe.
Und wie schlägt sich der CHORD DAVE in der direkten Gegenüberstellung mit dem neuen Wunderwerk von dCS? Nun, der Fairness halber sollte ich vielleicht anmerken, dass ich die Sahne (Uhr) zuvor von der Torte entfernt- und infolgedessen lediglich die beiden britischen Wandlerbausteine miteinander verglichen habe.
Wobei die hörbaren Unterschiede selbstverständlich eher marginaler Natur sind. Während der DAVE den Frequenzkeller etwas gewissenhafter und heller ausleuchtet und somit speziell im Tiefbass punktet, kontert der LINA DAC kurzerhand mit geringfügig mehr Druck und Attacke im Midbassbereich.
Der Topwandler von CHORD spannt außerdem die imaginäre Bühne eine Spur weitläufiger auf, derweil der dCS die Tiefen des Raums noch markanter auszufüllen weiß. Der DAVE glänzt wiederum mit der geringfügig besseren Auflösung im Hochtonbereich, der LINA DAC beeindruckt dagegen mit einer überlegenen holographischen Darstellung.
Somit ergibt sich aus meiner Sicht eine britische Pattsituation – aber natürlich nur, solange der LINA Weltklasse Taktgeber in Wartestellung verharrt. Denn die Kombination aus LINA DAC und LINA Master Clock ist meines Erachtens zurzeit das Maß der Dinge in der Kopfhörerwelt und wahrscheinlich noch weit darüber hinaus.
Mein Fazit
Das neue dCS LINA Kopfhörersystem markiert zweifelsohne einen weiteren Meilenstein in der langen Geschichte der High-Fidelity. Kein System zur Reproduktion von Musik via Ohrlautsprecher hat einen derart bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen wie die drei schwarzen Quader der Manufaktur aus Cambridge.
Der aufgerufene Preis ist allerdings rekordverdächtig. Der LINA DAC wird in Deutschland für 14.350,- Euro offeriert, die zugehörige LINA Master Clock schlägt mit 8.250,- Euro zu Buche, für den LINA Kopfhörerverstärker sind ganze 10.250,- Euro zu entrichten. Macht in Summe schlappe 32.850,- Euronen – da muss selbst der enthusiastischste Gralsritter erst einmal ganz tief durchatmen.
Die Kernfrage lautet natürlich – ist das dCS LINA diesen Preis tatsächlich wert? Und genau diese Frage lässt sich aus meiner Sicht nur schwerlich beantworten.
Wer das ultimative Wiedergabekonzept für seine (ortho-) dynamischen Ohrlautsprecher sucht und monetär problemlos dazu in der Lage ist, die preisliche Gestaltung der Briten geflissentlich zu ignorieren, wird aus meiner Sicht zu 100% fündig. Denn er erwirbt das vermutlich beste Kopfhörersystem der Welt. Da beisst die Maus keinen Faden ab.
Und auch der Gralsritter mit einem zwanghaften Hang zur Perfektion könnte hinsichtlich der überlegenen musikalischen Klasse des dCS LINA mitunter schwach werden und gegebenenfalls Haus und Hof verpfänden, um sich unter einer beliebigen Brücke fortan nur noch vollendeten klanglichen Genüssen hinzugeben.
Aber ganz im Ernst – nachdem ich das dCS LINA über mehrere Monate ausführlich getestet und mit diversen Gerätschaften verglichen habe, fällt es mir außerordentlich schwer, die Komponenten nach Großbritannien zu retournieren. Denn auch ich habe bedauerlicherweise nicht die häusliche Freigabe erhalten, das geniale System käuflich zu erwerben.
Allerdings besteht natürlich noch die wage Möglichkeit einer sukzessiven Übernahme. Wobei ich in erster Linie den LINA DAC favorisieren würde – gefolgt von seinem kongenialen Taktgeber. Denn auch in der Kombination mit dem FELIKS ENVY schwebte ich im Hörtest zeitweilig auf Wolke Sieben. Und der polnische Kopfhörerverstärker befindet sich ja glücklicherweise bereits in meinem Besitz.
Wer jedoch zu einer Komplettlösung tendiert, für den ist der LINA Kopfhörerverstärker aus meiner Sicht obligatorisch. Bei der internen Kalkulation sollte außerdem mit ins Kalkül gezogen werden, dass der Gralsritter der feinen Töne mit dem Kauf des dCS LINA unter Umständen eine Investition fürs Leben tätigt.
Und sich ziemlich sicher sein kann, künftig die bestmögliche musikalische Leistung aus jedwedem Ohrlautsprecher auf diesem Planeten zu erzielen. Mein lieber Joss, du hast tatsächlich nicht zu viel versprochen.
Fidelio
Hello,
Great review as usual. I currently have the Chord Hugo TT2/MScaler/Riviera AIC-10 as my main setup. I have been thinking about upgrading my DAC in this chain next year. Your review and insight helped my make my decision on purchasing the Riviera AIC-10. From your experience with both DACs. Would you say I would get a better benefit in my chain going DCS LINA/Clock/Riviera or the Chord Dave/MScaler/Riviera?
Hello,
this question is not so easy to answer, because a selection depends, of course, on your personal references. However, depending on the choice of tubes, the AIC10 can be tuned to both DACs accordingly. While the DAVE perhaps resolves a bit better, but is also at home on the brighter side, the dCS LINA plays up a bit more organically and at the same time also a bit more analog, IMO. Consequently, I would „prescribe“ a warmer Mullard tube to the DAVE, and probably combine the LINA DAC with a Siemens or a Philips tube… 😉
Greetings
Wolfgang